Ausbildung 6. April 2015

Ledig, jung, digital gesucht…

by Christian Jakubetz

Wenn Medien sich wandeln, müssen es dann Journalisten nicht genau so? Natürlich – und wie! Eine Umfrage bei Ausbildungsredakteuren von Zeitungsverlagen zeigt, wie drastisch die Anforderungen an Journalisten im digitalen Zeitalter gestiegen sind.

Volos_2015 (Foto: Jakubetz)
Jung, mobil, digital – und auch ein bisschen unkonventionell: So wünschen sich Ausbildungsredakteure bei Tageszeitungen ihre Volontäre. (Foto: Jakubetz)

Würde man es schnell und mit einem Hauch Zynismus zusammenfassen wollen, man könnte auf die Frage, was Journalisten können sollen, schlichtweg sagen: alles. Schon alleine bei der ersten Fragestellung nach den Fach- und Vermittlungskompetenzen im Journalismus zeigt sich der Paradigmenwechsel der letzten Jahre: Während früher mal Recherche, Darstellungsformen, Selektion, Redigieren etc. als handwerkliches Können gefragt waren, kommen heute noch etliche andere Dinge zu diesen Basics hinzu. Beispielsweise: neue Recherchemöglichkeiten (z.B. Soziale Netzwerke, Daten), crossmediales Handwerk, neue Formen und Formate (z.B. Multimedia/ Scrollytelling, Datenjournalismus), Dialog (Nutzerkommunikation, Moderation, kuratieren, Soziale Netzwerke.

Dabei ist ein ganz entscheidender Aspekt im Wandel des Berufsbilds hier noch gar nicht enthalten: Früher konzentrierten sich Journalisten auf ein einziges Medium und die dafür nötigen handwerklichen Fähigkeiten. Mittlerweile sollten Journalisten zumindest die Basis-Formen aller anderen bisherige Medien kennen – und natürlich den Mut mitbringen, sich auch mal an völlig neuen und bisher unbekannten Narrativen zu versuchen.

Interessant ist auch, welche zusätzlichen Fähigkeiten im theoretischen Wissen hinzukommen sollen: Neben den Klassikern Medienrecht, Mediensysteme, Medienökonomie, Mediengeschichte sollen Nachwuchsjournalisten nach den Vorstellungen ihrer Ausbilder künftig auch in den Bereichen Medienentwicklung, Trends und Prognosen fit sein.

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Technik – damals und heute

Angesichts dessen ist es nicht verwunderlich, wenn auch die Anforderungen im Bereich Technik erheblich gestiegen sind. Im klassischen Verständnis hatten Journalisten ein medienspezifisches Redaktionssystem und die entsprechenden Techniken zu beherrschen. Heute sollen sie alles können: Nicht nur eines oder mehrere CMS, sondern auch Software und Apps aus allen nur denkbaren Bereichen. Oder konkreter gesagt: Ein Zeitungsredakteur musste sich noch bis vor wenigen Jahren keinerlei Gedanken darüber machen, wie ein Video entsteht. Heute kommt er kaum daran vorbei, sich auch mal ein Schnittprogramm genau anzusehen – die Videofunktion hat er ja ohnehin schon entweder in seiner DLSR-Kamera oder auf dem Handy.

Wie wichtig das Thema Digitalisierung inzwischen schon bei der Auswahl der Volontäre ist, zeigt sich auch bei den Fähigkeiten, die sie nach den Vorstellungen ihrer künftigen Arbeitgeber mitbringen sollen. Zwar sind Schreibstil,  Recherchefertigkeiten und die Kenntnisse der journalistischen Grunddarstellungsformen immer noch existenziell.  Danach folgen dann aber schon handwerkliche Online-Fähigkeiten bzw. Fachwissen zum Thema Online-Medien.

Interessant ist auch, welche neue Kompetenzen Volontäre in Zeitungsverlagen haben sollen. Genannt werden von den Ausbildungsredakteuren u.a.:

  • Ressortübergreifendes Denken
  • Social-Media Kompetenz/Aktivität
  • Souveräner Umgang mit PC und Internet
  • Multimediale Komponenten Digitales Denken
  • Höhere Belastbarkeit/Vielseitigkeit
  • Crossmediale Redaktion/ crossmediales Arbeiten

Interessantes Detail am Rande: Der Aussage „Die Volontäre müssen zunehmend auf spätere Selbstständigkeit vorbereitet werden“ stimmt ein beachtlicher Teil der Ausbildungsredakteure zu. Den Journalist in Festanstellung sehen offensichtlich auch sie zumindest als ein seltener werdendes Modell.

Die Umfrage und ihre Auswertung wurden durchgeführt von Prof. Beatrice Dernbach und Prof. Klaus Meier. Mehr über die Ergebnisse und die Methodik gibt es hier.

Comments 2
  • Also weiterhin die eierlegende Wollmilchsau fordern, die gleichzeitg jung und lebenserfahren ist, aber bezahlen, als wäre es ein Job ohne Verantwortung.

    Insbesondere die Formulierung: „Höhere Belastbarkeit/Vielseitigkeit“ zeigt, dass das Problem bei den Ausbildungsredakteuren liegt.
    Sie sollten die Weitsicht haben,die gestiegenen Anforderungen zu sehen. Stattdessen werden unrealisitische Anforderungen formuliert. Wer definiert überhaupt das „hohe“ bevor er / sie „höhere“ fordert?

    Dabei ist an den Anforderungen nichts verkehrt, wenn sie an einen Festangestellten und dauerhaft abgesicherten Redakteur gestellt werden.

    Hinsetzen, nochmal klar denken und dann den Verlegern sagen, wo die Grenze erreicht ist – statt sie zu überschreiten, wie dieser Forderungskatalog zeigt.

    • Es ist ja kein „Forderungskatalog“ und auch nicht einer „der Verleger“. Es ist eine Sammlung von Eigenschaften, die sich Ausbildungsredakteure von ihren Volos wünschen. Oder zumindest als wünschenswert erachten. Nüchtern betrachtet also das, was eh zunehmend mehr Realität ist. Man muss das ja nicht richtig oder sogar gut finden. Aber negieren kann man es eben auch nicht.

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