Kaum haben sich Medien und Journalisten darauf eingestellt, dass auch Netzwerke wie „Facebook“ zu ihren täglichen Aufgaben gehören – müssen sie von dieser Idee womöglich schon wieder Abschied nehmen: Eine ganze Reihe von Statistiken deuten darauf hin, dass die Zukunft weniger in den großen Netzwerken liegt, in denen viele Menschen vor sich hin posten…

Gut möglich, dass wir in ein paar Jahren über Facebook ähnlich schmunzeln werden wie über andere vergangene Epigonen des modernen Medien-Zeitalters. So wie beispielsweise „My Space“. Oder „Second Life“. Oder die VZ-Netzwerke, allen voran das selig untergegangene „Studi VZ“, das mal vor noch gar nicht so langer Zeit das Ding schlechthin unter den Netzwerken in Deutschland war. Dass diese Netzwerke irgendwann mal in der Bedeutungslosigkeit verschwanden, hatte meistens ähnliche Gründe: Irgendwann mal tauchte jemand auf, der hipper, schneller, angesagter war.
Wenn es denn aber dereinst mal Facebook und andere heutige Größen erwischen könnte, dann hat das vermutlich andere Ursachen. Nicht so sehr, dass eine andere Seite einfach trendiger ist. Sondern den, dass die Zeit des Postens und Pubizierens an und mit verhältnismäßig großen Gruppen enden könnte. In den USA jedenfalls ist das bei sehr jungen Zielgruppen schon statistisch belegbar: Die großen Netzwerke – wie eben Facebook – verlieren an Bedeutung. Dagegen legen kleine Mikrokosmen zu, allen voran der aktuelle Megaseller „What´s app“. Der Dienst wurde (und wird) eher als eine Art „SMS-Killer“ gesehen. Doch die Entwicklung von „What´s App“ und anderen ähnlichen Netzwerken geht in eine andere Richtung. Sie sind nicht einfach nur Kommunikationstools, mit denen man sich ein paar Nachrichten hin- und herschickt. Stattdessen werden sie zunehmend zu mikrokosmischen sozialen Netzwerken. Über mehr oder weniger kleine oder große Gruppen oder manchmal auch in klassischer „one to one“-Kommunikation können solche Dienste dabei generell alles, was auch ein Netzwerk wie „Facebook“ kann. Mit dem Unterschied, dass man Dinge sehr viel leichter mal eben auch privat halten kann, dass man sich (vermeintlich) nicht der Datengier einer Krake wie „Facebook“ aussetzen muss und dass man nebenher auch noch einen anderen nicht zu unterschätzenden Effekt bekommt: Man kann die klassische Webseite, das klassische Internet auslassen. Das wiederum hat mit zwei wichtigen Trends gerade bei Jugendlichen zu tun:
- Die Webseite als solche ist nicht mehr Zentrum ihres Internetkonsums. Ebensowenig, wie es der klassische Rechner oder auch das Notebook sind. Der Medienkonsum dieser Generation wird eindeutig von mobilen Geräten geprägt, seien es (weniger) Handys, (zunehmend mehr) Smartphones oder auch Tablets und die Mischform Phablets.
- Daneben geht der Trend eindeutig zu mobiler Mediennutzung und permanentem Online-Sein. Das Netz ist demnach nicht mehr ein Ort, den man eigens „besucht“, sondern ein fester, integraler Bestandteil des täglichen Lebens.
Nur ein kleiner Nebenaspekt, der in der täglichen Mediennutzung keine echte Rolle spielt? Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. In den USA beispielsweise ist der Anteil derer, die „Facebook“ als ihr persönlich wichtigstes Netzwerk bezeichnen, in den letzten 12 Monaten spektakulär gesunken: von einstmals 42 auf mittlerweile nur noch 23 Prozent.
Schwer im Kommen sind dagegen „Instagram“ (das immerhin von Facebook aufgekauft wurde und „andere“ Dienste, gemeint sind damit eben in erster Linie solche ursprünglichen Messenger-Dienste wie „What´s app“. Auch in Deutschland existieren inzwischen unterschiedliche Studien, die bei jungen Smartphone-Benutzern von einer Benutzung von über drei Stunden täglich ausgehen. Und: Sie verbringen am Tag inzwischen mehr Zeit mit „What´s App“ als mit „Facebook“. Nüchtern betrachtet liegt das Handy damit an erster Stelle aller genutzten Medien – oder besser gesagt: Endgeräte. Der Weg zum Medienkonsumenten von morgen führt also zwangsweise über mobile Endgeräte, über soziale Mikronetzwerke und über Apps statt Webseiten.
Gibt es bald Messenger-Redaktionen?
Doch das sagt sich aus heutiger Sicht so leicht dahin. In der Praxis ist die Frage, wie man auf eine solche Entwicklung reagieren müsste, bei den allermeisten Medien noch gar nicht angekommen – geschweige denn, dass es dafür schon Lösungsansätze gibt. Dass man Angebot noch kleinteiliger macht, möglicherweise sogar in einer permanenten Kommunikation mit den Nutzern steht, lässt sich als theoretisches Konstrukt zwar schon irgendwie hinbiegen. Aber in der Praxis? Messenger-Redaktionen? Community-Redaktionen, die sich auch in kleinsten Kreisen bewegen, möglicherweise sogar in One-to-one-Kommunikationen? Das ist heute schon ein mühsames Geschäft (siehe Video), aber ob so etwas auch noch für kleinste Messenger-Gruppen machbar ist? Klingt aus heutiger Sicht zunächst unvorstellbar, ist aber auf der anderen Seite so unvorstellbar nicht, wenn man sich vor Augen führt, dass man vor ein paar Jahren auch nicht für möglich gehalten hätte, dass Google und Facebook zu entscheidenden Komponenten in jeder Digital-Strategie werden.
Man darf also gespannt sein: Bedeuten diese neuen Veränderungen in der Branche, dass Journalisten demnächst sich sich in kleinsten Kreisen bewegen und irgendwann mal jeder mit jedem redet – und sich das dann Journalismus nennt?
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