Journalismus und Medien werden zumindest eines auch 2013 beibehalten: Sie ändern sich in einem rasend schnellen Tempo. Was also kommt 2013 auf uns zu? Mehr Mobilität, (noch) mehr soziale Netzwerke, höheres Tempo und am Ende eine komplette Reorganisation des Begriffs „Redaktion“. Ein selbstverständlich streng subjektiver Ausblick auf das neue Jahr.

Natürlich ist das so eine Sache mit den Prognosen. Vieles von dem, was uns in den vergangenen Jahren prophezeit wurde, hat sich letztendlich dann doch als Flop erwiesen; auf die virtuelle Weltherrschaft von Second Life beispielsweise können wir vermutlich noch lange warten. Die vor einigen Jahren für 2012 prophezeiten Millionenumsätze mit Handy-TV sind auch ausgeblieben, ebenso wie bisher auch der Durchbruch von internetfähigen Fernsehern, neuerdings Smart TV genannt, noch auf sich warten lässt. Kurz gesagt: Prognosen sind eben nicht sehr viel mehr als der Versuch, ein wenig in die nähere Zukunft zu schauen. Trotzdem, der Versuch soll unternommen werden – das hier sind die möglicherweise wichtigsten digitalen Medientrends für 2013.
MOBIL
In einem Jahr also soll es laut diverser Studien so weit sein: 2014 werden, so die Prognosen, erstmals mehr Menschen von einem mobilen Endgerät als von einem stationären Computer aus auf das Netz zugreifen. Innerhalb der nächsten 12 bis 18 Monate – damit rechnen viele News-Organisationen in der USA – soll dort der Anteil der Mobil–Zugriffe auf spürbar über 50 Prozent steigen.
Konkret und in Zahlen, um die rasante Entwicklung spürbar zu machen: 2010 lag der Anteil der mobilen Zugriffe auf die Website der New York Times bei 20 Prozent, 2011 lag der Wert dann schon bei 28 Prozent. Im November 2012 schließlich erreichten die mobilen Zugriffe bei nyt.com dann schließlich 37 Prozent. Da ist es nicht allzu gewagt, 50 Prozent für die nächsten Monate als realistisch zu erachten.

Zumal der Tablet-Boom ungebrochen weitergeht: Neben dem Marktführer Apple und seinen diversen iPads haben sich Hersteller wie Google oder Samsung mit ihren Android-Modellen nicht nur technisch etabliert. Auch die Preise sind erwartungsgemäß gesunken; ordentliche 7-Zoll-Tablets sind inzwischen schon für unter 200 Euro erhältlich. Umgekehrt ein Beleg für diese Entwicklung: Die Herstellung von Netbooks geht ihrem Ende entgegen, Asus und Acer beispielsweise fahren ihre Produktion der einstigen Hoffnungsträger bereits zum Jahresanfang runter. Auch Smartphones erleben einen ungebrochenen Boom, das gute alte Handy ist in dieser Form schon fast gar nicht mehr existent.
Sehr viel anders dürfte die grundsätzliche Entwicklung in Deutschland auch nicht aussehen. Laut einer Accenture-Studie gingen 2012 rund 30 Millionen Menschen mobil ins Netz, mehr als doppelt so viele wie 2011, als es noch 14 Millionen waren.
Das wiederum stellt Medienunternehmen (schon wieder) vor einige neue Fragen: Wie beispielsweise werden Redaktionen der erhöhten Nachfrage nach mobilen Angeboten gerecht? Reicht es wirklich einfach aus, Mobilversionen der bisherigen Webseiten anzubieten – oder müsste es nicht in den Redaktionen generelle Umstrukturierungen geben, mit denen eigene Angebote konzipiert werden? Welche Geschäftsmodelle könnten funktionieren? Und natürlich stehen einige technische Fragen ebenfalls an: „Native Apps“ oder doch eher browserbasiert? HTML 5 als die Lösung aller Probleme? Sicher ist nur, dass sich diese Fragen bis zu Jahresende 2013 kaum endgültig beantwortet haben werden.
In den USA wird das mögliche Ende der gedruckten Tageszeitung schon länger diskutiert, in Deutschland läuft sich die Debatte erst nach den ereignisreichen letzten Monaten des alten Jahres richtig warm: Ist es denkbar, dass die gedruckte Tageszeitung ein Auslaufmodell ist? Zumindest weiß man jetzt auch hierzulande nach den letzten Monaten eines sicher: Nein, es trifft eben nicht nur die anderen, es ist nicht einfach eine akademische Debatte: Die Einstellung einer gedruckten Tageszeitung ist spätestens seit Herbst 2012 eine leider nur allzu realistische Option und nicht nur das Hirngespinst schwarzmalender Nerds.
Und auch hier ist der Blick in die USA zumindest empfehlenswert: Die Idee der buchstäblichen Tageszeitung, die tatsächlich jeden Tag gedruckt erscheint, wird dort zunehmend als erledigt betrachtet, die Rede ist mittlerweile davon, dass 2015 nicht einmal die Hälfte der Blätter dort noch die bisherige Erscheinungsweise aufrechterhalten wird.
Auch in Deutschland lassen sich Überlegungen dieser Art in den zurückliegenden Debatten feststellen – und bei Axel Springer gibt es zudem ein Modell, dass dem Gedanken einer zunehmenden Nutzung von digitalen und gedruckten Inhalten Rechnung trägt: Eine der neuen Bezahlangebote sieht vor, während der Woche die „Welt“ auf allen digitalen Kanälen und am Wochenende gedruckt als „Welt am Sonntag“ zu lesen.
Unbeschadet dessen: Die Auflagen der deutschen Tageszeitungen sind weiterhin gesunken, da machte auch 2012 keinerlei Ausnahme. Für 2013 ist eine Änderung dieses Trends nicht zu erwarten.

Dabei geht s bei den Tageszeitungen nicht mal nur um die sinkende Auflage. Auch die Anteile am Werbemarkt gehen zurück – und dass sich dieser Trend nochmal ändern wird, glaubt eigentlich auch niemand so recht. Zumindest eine Umfrage unter 17 Media-Agenturen ist zu einem – im wahrsten Sinne des Wortes – eindeutigen Ergebnis gekommen.
Dass sich der Marktanteil des gedruckten Zeitung am Werbemarkt nochmal erhöhen wird, glaubt buchstäblich niemand. Was also bedeutet, dass sich die Verlage in den kommenden 12 Monaten sicher mehr grundsätzliche Gedanken machen müssen, wie ihr Geschäft ganz generell weitergehen wird. Weniger Gedrucktes, mehr digital? Oder womöglich: ganz auf Gedrucktes verzichten? Die Frage nach dem künftigen Geschäftsmodell und seinen Bestandteilen dürfte 2013 zu den wichtigsten Fragen gehören. Ob darin noch sehr häufig das Wort „Print“ vorkommt, kann man bezweifeln.
Eines der meist debattierten Themen in diesem Zusammenhang: paid content. Schon 2012 haben die ersten Zeitungen begonnen, die Bezahlschranke herunterzulassen. Für 2013 haben eine ganze Reihe von Redaktionen ähnliche Maßnahmen angekündigt. Wirkliche Erfahrungen über einen längeren Zeitraum mit diesem Thema gibt es in Deutschland bisher de facto nicht. 2013 wird also vermutlich das Jahr sein, dass speziell den Verlagen erste brauchbare Aufschlüsse darüber gibt, ob es sich dabei um eine zukuntstaugliche Idee handelt. Neben Springer gibt es angeblich konkrete Überlegungen dazu auch bei der SZ, der FAZ sowie etlichen Regionalzeitungen.
TOTAL SOZIAL
Die Zahlen sind hinlänglich bekannt: Facebook hat inzwischen rund eine Milliarde Mitglieder, davon rund 40 Millionen im deutschsprachigen Raum. Bei den 14-19jährigen beträgt die Quote derer, die regelmäßig irgendein soziales Netzwerk in Deutschland benutzen inzwischen sagenhafte 100 Prozent. Unbestritten ist also, dass sich 2013 auch hier etwas verändern muss. Vor allem bei denen, die bisher Facebook & Co. lediglich als einen weiteren Vertriebskanal gesehen haben, wird sich wohl etwas ändern müssen. Ob und wie sich das allerdings mit den Plänen für mehr Bezahlinhalt verträgt – man wird sehen.
SCHNELL, SCHNELL…
Mehr mobile Zugriffe, weniger Print und mehr Digitales, mehr Präsenz in den sozialen Netzwerken – sollten sich diese absehbaren Trends bestätigen, dann heißt das in der Konsequenz auch, dass der Journalismus und die Journalisten schneller werden und sich vermutlich auch neu strukturieren werden müssen. Und das betrifft keineswegs nur Verlage und Zeitungen, sondern alle. Letztendlich gewinnt der Begriff Redaktion eine neue Bedeutung. Bisher ist das ja generell eher so: Man sitzt in einer Redaktion zusammen, trägt die Ereignisse eines Zeitraums zusammen und erarbeitet daraus Inhalt. Wenn die Tendenz tatsächlich mehr in Richtung Echtzeit geht, könnte das eher so aussehen: In einem ständig fortlaufenden Prozess werden Informationen gesammelt, bewertet, für verschiedene Kanäle aufbereitet, vernetzt, in einen jeweils passenden Kontext gesetzt, weiterverbreitet, kuratiert. Redaktion – das steht dann tatsächlich nicht mehr für ein Büro, an dem Menschen einfach nur arbeiten.
(Hinweis: Die Infografiken stammen von statista.de)