Die Zukunft des (Online-)Journalismus ist die Paywall. Sagen in Deutschland zunehmend mehr Medien-Manager. In der Heimat der Paywalls hingegen fangen die ersten inzwischen an, die Mauern wieder einzureißen…

In Deutschland passieren Dinge gerne mal ein wenig später als in den USA, die immer noch so eine Art Orakel für den eigenen Medienmarkt sind. Wenn etwas drüben bei den Amerikanern gemacht wird, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis das auch als Blaupause für Deutschland debattiert wird. Bezahlinhalte , beispielsweise, das ist eines von diesen Themen. In den USA hat man die diversen Modelle durchexerziert, die jetzt auch bei uns Einzug halten: Freemium, Metered Model, Paywall. Ziemlich viel Einigkeit herrscht jedenfalls in Deutschland insbesondere bei Verlagsmanagern, dass Journalismus an sein Ende gerät, wenn seine Inhalte nicht bezahlt werden.
Indes: Manchmal laufen die Dinge auch anders. Nämlich so, dass man sich in den USA von manchen Dingen schon wieder verabschiedet, die man hierzulande gerade erst durchsetzen will. Das scheint beim Thema Paid Content auch nicht viel anders zu sein. Während man bei uns dabei ist, die Mauern mehr oder weniger undurchlässig zu errichten, reißt man sie in den USA teilweise schon wieder ein.
“What we concluded from this research was that subscribers were not paying for the content, so much as paying for how they wanted to consume the content we published. They were paying for a print experience. Now, we want to see if there are sufficient consumers who will pay for a premium digital experience.” (Jim Moroney, Publisher, „Dallas Morning News“)
Der „San Fransico Chronicle“ war im August die erste bekanntere Zeitung in den USA, die das Experiment „Paywall“ für gescheitert erklärte. Jetzt bauen auch die „Dallas Morning News“ ihre frisch errichtete Paywall wieder ab. Aus einem denkbar simplen Grund: Es war nicht gelungen, genügend Leser dazu zu bewegen, Geld für das Angebot zu bezahlen.
Möglicherweise hat man dort aber auch einen anderen interessanten Ansatz entdeckt: Sind es möglicherweise gar nicht die journalistischen Inhalte, für die Leser bereit sind zu zahlen? Sondern ist es viel eher die Zustellung; also ein Gefühl dafür, dass es natürlich kostenintensiv ist, eine Zeitung zu drucken und sie jemandem bis vor die Haustür zu liefern? In Dallas hat man zu diesem Thema eine spannende Frage an die Leser gestellt bzw. ihnen ein Angebot gemacht. Den Lesern wurde das Angebot gemacht, online exakt den selben Inhalt wie in der Zeitung zu beziehen, zu einem verglichen mit der Printausgabe um 90 Prozent reduzierten Preis. Nur 5 Prozent der Leser äußerten Interesse – was die Vermutung nahelegt, dass sie den Aufwand der Zeitungsproduktion und Auslieferung richtig einschätzen können. Oder, anders und negativer formuliert: dass sie den journalistischen Aufwand hinter einer Webseite nicht richtig zu schätzen wissen.
Sowohl in Dallas als auch in San Francisco bedeutet das aber nicht, dass man auf Bezahlinhalte komplett verzichten will. Beide Zeitungen wollen jetzt (wieder) verstärkt auf den Verlauf von exklusiven Inhalten setzen. Was allerdings keine wirklich neue Idee ist – und auch in Deutschland immer wieder diskutiert wird. Was aber diese exklusiven Inhalte sein sollen, für die Leser sofort die Kreditkarte zücken, hat bisher auch noch niemand zweifelsfrei herausgefunden. Zumindest dann nicht, wenn es um Journalismus und nicht um Servicestücke geht.
Deutschland setzt auf die Bezahlmauer
Unbeschadet dessen geht in Deutschland das Errichten der Paywalls bei Angeboten deutscher Tageszeitungen weiter.
54 deutsche Zeitungen sowie die deutsche Online-Ausgabe des Wall Street Journal haben mittlerweile eine Bezahlschranke im Netz eingeführt, zuletzt „Mannheimer Morgen“ und „Fränkische Nachrichten“. Bis Ende des Jahres rechnet der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) mit rund 60 Zeitungstiteln.
Aktuell setzen 39 Zeitungen auf ein Freemium Modell. Dabei bleibt ein Teil der Artikel kostenfrei, während der Rest des Online-Angebotes nur nach Erwerb eines Tagespasses oder Abos zugänglich wird. Ein aktuelles Beispiel für dieses Modell ist BILDplus bei Bild.de.
Pay-Modelle bei deutschen Tageszeitungen
Wer setzt auf welches Bezahlmodell? Der BDZV hat eine Übersicht über die deutschen Tageszeitungen erstellt, die Pay-Inhalte auf ihren Seiten haben.
Elf weitere Blätter setzen auf das so genannte Metered Model. Ein Beispiel hierfür ist die Welt, bei der Leser monatlich freien Zugang zu maximal 20 Artikel haben. Ist dieses Kontingent erschöpft, müssen sie bis zum nächsten Monat warten oder ein Abo abschließen.
Schließlich gibt es noch die harte Bezahlschranke, bei der das komplette Online-Angebot kostenpflichtig wird. Für dieses Modell haben sich bisher vier Zeitungen entschieden. Einen Sonderweg hat die „taz“ eingeschlagen, die es ihren Lesern freistellt, ob sie für einen Artikel etwas bezahlen wollen oder nicht.
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