Das Reuters Institute sieht für Journalisten weltweit tiefschwarze Zeiten heraufziehen: In seinem Trendreport für 2019 prophezeit das Institut die größte bisher gesehene Entlassungswelle bei Journalisten. Grund, wenig überraschend: Auch Paid-Content-Modelle haben Grenzen. Sie würden dieses Jahr vielerorts erreicht.
Die Erlöse aus der klassischen Werbung gehen zurück. Diese Rückgänge können durch die Zuwächse im Digitalgeschäft nicht kompensiert werden. Das ist keine neue Erkenntnis, im Gegenteil. Aber 2019 könnte das Jahr sein, in dem diese Erkenntnis erstmals richtig durchschlägt.
Das hat nach Auffassung des Instituts mit einer simplen Tatsache zu tun. In allen untersuchten Ländern gibt es nur eine Minderheit, die bereit sei, für journalistische Inhalte im Netz zu zahlen. Das wiederum bedeutet, dass man bald an Grenzen stoßen könnte. Der Markt für Bezahlinhalte wäre demnach überschaubar groß.
Medien im Netz: Zu teuer, zu unflexibel

Und das wäre wiederum ein ganz entscheidendes Kriterium bei der Debatte um Bezahlinhalte. Es ginge demnach also gar nicht um die Akzeptanz oder die technische Implementierung von Paywalls. Sondern um andere, viel grundlegendere Probleme. Um Probleme, die nicht damit zu lösen wären, in dem man auf den Gewöhnungseffekt bei den Usern setzt.
Stattdessen sind es zwei entscheidende Themen, die den „Paid Content“ aus Usersicht zum Problem machen. Erstens: der Preis. Und zweitens: die Inflexibilität, die viele deutsche Medien in Sachen Abo immer noch an den Tag legen.
Da ist erst einmal der Preis. Der ist für digitale Medieninhalte ziemlich im Keller. Wer früher eine CD für 20 Euro gekauft hat, bekommt heute für das gleiche Geld zwei Monate das Spotify-Premium-Abo. DVD-Käufer von früher stecken heute ihr Geld in ein Netflix-Abo und haben deutlich mehr davon: an Auswahl als auch an Flexibilität. Das mag man beklagen, ist aber der Maßstab, in dem Nutzer inzwischen denken.
Kommt die mediale Zweiklassen-Gesellschaft?
Und Journalismus? Nein, es geht nicht um die in Deutschland viel beklagte „Kostenlosmentalität“. Trotzdem liegt für Nutzer auf der Hand: Journalismus gibt es in ungeahnten Mengen. Nicht immer kostenlos, aber oft. Wenn man dann beispielsweise als Regionalzeitung von seinen Nutzern 10 Euro pro Monat haben will, damit er die Webseite in vollem Umfang nutzen kann, dann kann man sich leicht vorstellen, wie schwierig dieses Unterfangen wird.
Wie sehr Medien dabei in die Zwickmühle geraten, lässt sich leicht anhand einer anderen Zahl belegen. In den untersuchten Ländern glauben von den befragten Teilnehmern über die Hälfte, dass Paid Content in seinen verschiedenen Ausprägungen das Hauptaugenmerk der Zukunft gehören wird.
Ein Markt, der an Grenzen stößt bei gleichzeitig weiter sinkenden Werbeerlösen – da kann man sich leicht vorstellen, wie das Reuters Institute auf die Prognose einer Entlassungswelle von Journalisten kommt.
Unbeschadet dessen hätte diese Entwicklung aber auch Auswirkungen auf die Mediennutzung. Kommt es zu einer Zweiklassengesellschaft, in der sich die einen hochwertige „Premium-Informationen“ leisten und die anderen sich in einem zunehmend unübersichtlichen Netz tummeln, in dem man sich die geprüfte Information mühsam aus Fake News und sozialen Netzwerken heraussuchen muss?
Und wenn das so wäre, wären dann die Debatten um Fake News im Netz, die wir gerade erleben, erst der Anfang?
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