Facebook hat seinen Algorithmus gerändert – und damit einiges an Aufmerksamkeit in Medienhäusern ausgelöst. Aus einem simplen Grund: Nachrichten von Seiten sollen weniger bevorzugt ausgespielt werden, stattdessen bekommen private Statusmeldungen einen höheren Stellenwert. Das klingt auf den ersten Blick nach einer schlechten Nachricht, vor allem dann, wenn mann sich ansieht, wie viel Traffic mittlerweile von Facebook auf die Webseiten gespült wird. Tatsächlich ist diese Änderung ein guter Grund, mal über die eigene Social-Media-Strategie nachzudenken…

Dabei hat Facebook in der Kategorie des sogenannten „Refferal Traffic“ sogar Google überholt: 41 Prozent kommen in dieser Kategorie bereits von Facebook, von Google stammen hingegen „nur“ 39 Prozent.
Wenn also der größte Traffic-Lieferant mal eben den Saft abdreht, ist das dann nicht eine mittlere Katastrophe?
Muss es nicht sein, wenn man sich mal vor Augen führt, was diese Zahlen eben auch bedeuten. Nämlich, dass man sich in der Branche in den letzten Jahren in eine zunehmende Abhängigkeit von einem Riesen beigegeben hat, der nun in der Lage ist, mit ein paar kleinen Änderungen im Algorithmus erhebliche Veränderungen auszulösen. Und es bedeutet auch, dass die Strategie vieler Häuser, künftig soziale Netzwerke mit allem was sie haben zu fluten, die falsche war.
Weil umgekehrt gilt: Hätte man bei Facebook festgestellt, dass die Inhalte der Medienhäuser durch die Decke gehen und enorm beliebt sind, man hätte diesen Algorithmus sicher nicht geändert. So aber reagiert Facebook nicht nur, aber eben auch auf einen Publikumswunsch. Und der heißt: weniger Medien, mehr Privates. Algorithmen und ihre Auswertung können manchmal etwas gnadenloses an sich haben…
Facebook ist keine Nachrichtenseite
So aber ist diese Entwicklung kein Wunder: Medienhäuser und Journalisten haben soziale Netzwerke gekapert (und tun es immer noch, siehe die aktuellen Debatten um Snapchat) und sie quasi zu ihrem ureigensten Terrain erklärt. So war das aber nie gedacht, weder von Seiten der Netzwerke noch der User. Der ursprüngliche Charme bestand darin, dass man sich schlicht und ergreifend austauschen wollte (Twitter mag eine Ausnahme sein). Das Selbstverständnis bei vielen Journalisten wurde aber zunehmend, dass es sich bei Facebook quasi um eine journalistische Plattform handle, die es nur ausreichend zu bespielen gelte. Ist es da wirklich verwunderlich, wenn die Nutzer diese Angebote dann eben doch nicht so begeistert nutzen, wie man sich das in irgendwelchen Innovationsabteilungen gedacht hat?
Die jetzige Entwicklung ist immer noch eine Folge des unverändert grassierenden Zahlenwahns. Was zählt, ist der Klick, ist das wenigstens für Sekunden abgerufene Video. Diese Zahlen trügen, weil sie nichts über tatsächliche Popularität oder über intensive Nutzung aussagen. Sie sagen nur, dass irgendjemand mal kurz irgendwo drauf geschaut hat. Dazu passt die Meldung, dass 60 Prozent der geteilten Inhalte bei Twitter geteilt wurden, obwohl sie von demjenigen, der sie geteilt hat, gar nicht gelesen wurden. Bringt zwar irgendwie Zahlen, aber keine nachhaltige Entwicklung. Zumal man angesichts dieser unzähligen flüchtigen Klicks, die der durchschnittliche Social-Media-Nutzer heute so macht, kaum eine Chance hat, beim User dauerhaft in Erinnerung zu bleiben.
Im Grunde ist Publishing auf Social-Media-Kanälen dasselbe Rattenrennen geworden wie SEO. Alle optimieren und posten, was das Zeug hält – aber Nummer eins kann eben immer nur einer sein. Soll heißen: So wie es auch beim Thema SEO immer nur einen geben kann, der dann tatsächlich an der Spitze der Suchergebnisse ausgeworfen wird, gibt es auch in den sozialen Netzwerken eben nur wenige, deren Geschichten echt gelesen werden. Der Rest? Nur Klicks.
Klar, natürlich muss man in sozialen Netzwerken irgendwie vertreten sein, so wie SEO natürlich auch Sinn macht. Die Änderung des Algorithmus bei Facebook ist der zumindest einfugte Gelegenheit, die eigene Strategie mal zu überdenken. Permanente Dauerpräsenz kann es schon mal nicht sein – so viel sollte mittlerweile klar sein.
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