Spätestens im Jahr 2016 müssen sich Medienschaffende mit diesem Thema auseinandersetzen, selbst wenn sie gar nicht wollen: Snapchat ist in aller Munde – und auch auf zumindest sehr, sehr vielen Smartphones. Und auch, wenn die Einschätzungen darüber weit auseinander gehen, ändert das nichts daran: Snapchat boomt.
Das Wachstum ist selbst für die digitale Welt, die Hypes gewohnt ist, ungewöhnlich: Alleine zwischen März 2014 und Dezember 2015 hat sich die Zahl der täglich aktiven Nutzer mehr als verdoppelt – auf damals 110 Millionen weltweit. Inzwischen existieren Schätzungen, die von 200 Millionen Usern ausgehen. Das wäre im Vergleich zum Frühjahr 2014 sogar eine Vervierfachung. Auch in Deutschland boomt die App, die von Teenagern geliebt wird und mit der sich Erwachsene eher schwertun: Angeblich bringt es Snapchat schon auf rund 5 Millionen Nutzer. Das ist zwar noch ein gehöriger Abstand zu „Whatsapp“ mit seinen geschätzten 35 Millionen alleine in Deutschland, dennoch aber eine Größenordnung, bei der man es sich als Medienmensch nicht erlauben kann, sie zu ignorieren.
Seine Beliebtheit verdankt Snapchat vor allem dem ganz jungen Publikum. Die FAS beschrieb in ihrer jüngsten Ausgabe die Wirkung des Dienstes auf die Teenager so, als habe man eine „sturmfreie Bude“. Zudem sei die Gefahr, Peinlichkeiten dauerhaft in die Welt zu setzen, vergleichsweise gering. Wesentliches Merkmal der App ist es ja schließlich, dass sich die Inhalte dort wieder löschen.
Ob dieses Publikum aber wirklich begeistert ist, wenn sich Medien (und damit Erwachsene) in diese „sturmfreie Bude“ drängeln? Darüber kann man streiten. Zumindest auf der re:publica endete der Workshop „Snapchat für Erwachsene“ mit der freundlichen Aufforderung, doch bitte lieber draußen zu bleiben…
Zumindest in den Umsätzen hat sich der Snapchat-Boom noch nicht niedergeschlagen: Knapp 60 Millionen pro Jahr sind angesichts des Hypes um die App ein eher klägliches Ergebnis. Geld hat der Laden trotzdem genug: 2,5 Milliarden Euro haben Investoren bisher in das Unternehmen gesteckt; sein Gesamtwert wird auf stolze 20 Milliarden geschätzt.