Es ist ein komplexes Thema und eine ungemein aufwändige Aufbereitung – am Ende herausgekommen ist eine Multimedia-Reportage, wie man sie in deutschen Medien immer noch (zu) selten zu sehen bekommt: „Schwarzer Tod“ von Isabelle Buckow und Christian Werner ist große Reporter-Kunst. Das Stück zeigt exemplarisch, wozu digitaler Journalismus inzwischen in der Lage ist.
Das Thema
Spricht man von den großen und den Globus bedrohenden Seuchen, dann kommt man momentan beinahe zwangsläufig auf ein Thema: Ebola. Würde man hinzufügen, dass auch die Pest immer noch nicht ausgerottet ist, man würde vermutlich erstaunte Blicke ernten. Tatsächlich aber gibt es die Pest immer noch. Und sie bricht regelmäßig aus. Auf dem afrikanischen Kontinent sind vom Kongo-Delta bis Ostafrika immer noch viele Regionen betroffen; die weltweit meisten Fälle werden in Madagaskar verzeichnet. Dorthin haben sich Isabelle Buckow und Christian Werner aufgemacht. Sie haben den Tod eines Jungen dokumentiert. Sie beschreiben die Lebenssituation der Menschen dort, sie gehen den Ursachen auf den Grund. Sie haben mit einem Schamanen ebenso gesprochen wie mit Forschern. Sie schildern die Geschichte dieser schrecklichen Krankheit und sie beschreiben, warum sie immer noch eine potentielle Bedrohung ist – nicht nur in Afrika. „Schwarzer Tod“ ist ein eindringliches und intensives Stück, das es dennoch schafft, ohne Effekthascherei und Schwarzmalerei auszukommen.
Die Aufbereitung
Jeder, der sich schon mal mit multimedialer Aufbereitung von Themen beschäftigt hat, stößt zwangsläufig irgendwann mal auf die Frage nach dem „warum“. Natürlich kann man inzwischen mühelos Audio, Video, Text und Bild mischen. Trotzdem stößt man immer wieder auf eine ebenso simple wie berechtigte Frage: Reicht nicht einfach ein gut geschriebener Text? Oder ein gut gemachter Video-Beitrag? Warum alles zusammen?
Für Isabelle Buckow gibt es auf diese Frage eine vergleichsweise einfache Antwort: „Ein Text kann die Wirklichkeit schon sehr genau beschreiben und starke Emotionen erzeugen. In manchen Dingen ist das Wort dem Bild aber unterlegen. Ein Foto oder ein Video kann die gleiche Szene auf ganz eine andere, oft intensivere Art erzählen. Man kommt einem Menschen viel näher, wenn man ihn sieht und reden hört. Man kann sich in eine Szene besser hineinversetzen, wenn man die Umgebungsgeräusche hört. Wir glauben, dass die Mischung von Text, Foto und Video eine ganz neue Ebene des Geschichten-Erzählens erzeugt, die sehr vielschichtiger ist jede bisherige Berichterstattung.“
Wenn man sich „Schwarzer Tod“ dann anschaut, ahnt man, was Isabelle Buckow meint: Die Bilder und Videos von Christian Werner sind von so ungeheurer Intensität, dass es schwerfällt, das Szenario mit Worten zu beschreiben.
Um diese Intensität zu erreichen, gehört gerade bei multimedialen Reportagen eine Fähigkeit unabdingbar dazu: die des Weglassens. Was meistens sehr viel schwieriger ist, als gutes Material zu bekommen. „Man hat rund 20 Stunden Videomaterial, O-Töne, Schnittbilder und Atmo gesammelt. Daraus muss man die Quintessenz herausfiltern. Das ist nicht immer einfach“, sagt Christian Werner.
Das Handwerk
Zwischen Isabelle Buckow und Christian Werner gab es eine klare Aufgabenteilung, auch wenn am Ende doch wieder Teamwork herauskam: Von Christian Werner stammen Fotos und Videos, er hat auch den Schnitt selber erledigt. Isabelle Buckow hat sich um die Texte gekümmert. Externe Zulieferungen vor allem im Bereich Grafik, Technik und Programmierung kam hinzu. Das Stück ist also komplett „handgemacht“ und dementsprechend aufwändig.
Natürlich kann man so ein Stück nicht ohne gründliche Konzeption machen. Den konzeptionellen Ablauf beschreibt Isabelle Buckow so: “ Ich habe zuerst einen groben Aufbau der Geschichte skizziert. Dann habe ich überlegt, welches die stärksten Szenen sind, die mich am meisten berührt haben, – und die ich für den Text brauche, damit die Geschichte am Ende rund ist. Christian hat sich die übersetzen O-Töne ausgedruckt, die Sätze, die am stärksten waren, ausgeschnitten und sich dann eine grobe Struktur überlegt. Über die O-Töne hat er dann das optische Videomaterial gelegt.“
Die Kanäle
Schon vor dem Start stand fest: Die Geschichte soll beides sein, eine große Print-Geschichte und die entsprechende multimediale Aufbereitung. Und so kam es dann auch: Der Text erschien in der Wochenend-Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ vom 25. Oktober; die Multimedia-Version dann am Montag darauf süddeutsche.de.
Das Interview
Wie das Stück genau entstanden ist, welche Hard- und Software dafür verwendet wurde – und was sie sich von Redaktionen wünschen, erzählen die beiden Autoren im Interview.