Medienwandel 21. Mai 2013

Webvideos: Rein in die Tube

by Christian Jakubetz

Für Journalisten und Redaktionen inzwischen ein großes Thema: Webvideos und YouTube. Wie man auf der Videoplattform was machen kann, was man beachten sollte und wie man womöglich sogar Geld verdienen kann: ein Überblick.

youtube_republica

Das Thema ist in den letzten Monaten immer größer geworden: YouTube, das ist mittlerweile sehr viel mehr als eine Plattform, auf der entweder Privatmenschen mäßig lustige Videos hochladen oder auf der sich raubkopierte  Filme, Serie oder Musikvideos finden. Stattdessen ist die Google-Tochter wahlweise eine echte Konkurrenz zum etablierten TV geworden. Ein Kanal, auf dem sich inzwischen auch Geld verdienen lässt. Und ein Kanal, der mittlerweile seine eigenen Stars hervorbringt. Einfache Frage also: Ist für Journalisten und Redaktionen ein eigener YouTube-Kanal nicht langsam Pflicht?

Zudem wird YouTube von ebendiesen Journalisten und Redaktionen auch aus anderen Gründen mehr oder weniger argwöhnisch beäugt: Das Unternehmen hat vergangene Woche erst angekündigt, bezahlpflichtige Kanäle einführen zu wollen. Das wäre – ein Gelingen vorausgesetzt – das, was viele Medienhäuser schon lange versuchen zu etablieren. Für YouTube wiederum wird es essentiell sein, hochwertige Videolieferanten an sich zu binden, will man diese Pay-Kanäle tatsächlich durchsetzen.

Universalcode und Videoreporter bei YouTube

Videos von und mit und über Medienmacher gibt es natürlich auch bei YouTube: hier beispielsweise gibt es regelmäßig die Interviews und andere Stücke der „Universalcode“-Webseite. Zudem gibt es auch die relativ neue ABZV-Reihe „Videoporter“, in der Medienmacher aus den unterschiedlichsten Branchen in aufwändigen Portraits vorgestellt werden. Auch dafür gibt es einen eigenen Kanal.

Was aber können Journalisten und Redaktionen mit dem Kanal YuTube anfangen? Und warum sollten sie ihn überhaupt nutzen? Die passionierten Videomacher Bertram Gugel und Markus Hündgen haben im Rahmen bei der re:publica in Berlin einige interessante Zahlen und Fakten erwähnt, die möglicherweise im Bewusstsein der meisten noch gar nicht richtig verankert sind. So halten beispielsweise immer noch sehr viele Facebook für das soziale Netzwerk Nummer 1. Was nicht ganz richtig ist, zumindest nicht, wenn man eine junge Zielgruppe als Maßstab nimmt. Bei den 13 bis 18jährigen beispielsweise wird YouTube von 93 Prozent der Befragten mindestens einmal pro Woche genutzt. Facebook kommt dagegen „nur“ auf 65 Prozent. Was zugegebenermaßen daran liegen könnte, dass für viele YouTube gar kein soziales Netzwerk ist, obwohl die Seite alle Voraussetzungen mitbringt, die sie zu eine solchen machen.

(Hier erklärt Bertram Gugel die Verbreitung und andere Kennzahlen von Youtube).

Da ist also zum einen das Thema Reichweite. Die Chance, Videos über YouTube an den Mann zu bringen, ist nun mal erheblich größer, als wenn man sich nur auf die eigene Webseite oder andere Kanäle verlässt. Und obwohl Markus Hündgen offen einräumt, dass YouTube kein originär journalistischer Kanal ist und Journalismus dort tendenziell eine eher untergeordnete Rolle spielt: Natürlich gibt es dort auch journalistische Inhalte – und sie werden auch von den Nutzern gezielt gesucht.

Zum anderen gibt es da aber auch noch einen anderen sehr guten Grund: Webvideos sind schlichtweg sehr gefragter Inhalt. Bei jüngeren Nutzern löst übrigens zunehmend die Suche über Videos respektive YouTube die klassische Suche über beispielsweise Google ab. YouTube ist heute schon die zweitgrößte Suchmaschine der Welt, obwohl die Seite als eine solche gar nicht konzipiert und gedacht ist. Das bedeutet aber auch: Für journalistische Inhalte steigt die Chance, gefunden und genutzt zu werden – weil eben zunehmend mehr Nutzer Antworten auf Fragen nicht mehr in Text-, sondern in Videoform bekommen möchten.

Trotzdem muss man als Journalist auch ein paar handwerkliche Dinge bedenken, ehe man sich daran macht, seinen eigenen YouTube-Kanal zu eröffnen und zu pflegen.

  1. Regelmäßigkeit ist wichtig. Es muss ja gar nicht sein, dass man alle zwei Tage ein neues Video veröffentlicht. Aber wenn man schon einen Kanal anbietet, dann sollte man seine Nutzer nicht dadurch vergraulen, indem man nur wenig und sehr unregelmäßig neues Material veröffentlicht. Man darf dabei zudem nicht unterschätzen, dass YouTube auch und vor allem eine Community ist. Mit dem einen oder anderen unregelmäßigen Upload jedenfalls wird das sonst nix mit regelmäßiges Zuschauern oder womöglich sogar Fans des eigenen Kanals. Die Sache mit der Community führt dann übrigens sofort zu…
  2. YouTube ist kein Distributionskanal. Zumindest kein ausschließlicher. Wenn man YouTube wirklich optimal nutzen möchte, gehört auch dazu, sich ggf. mit seinen Zusehern zu unterhalten, mit ihnen zu interagieren und all das zu tun, was man in sozialen Netzwerken eben so tun sollte. Unter einem guten oder kontroversen Video können schon mal Dutzende Kommentare auftauchen. Man ist also sehr gut beraten, wenn man sich das, was auf dem eigenen Kanal so passiert, gut anschaut und fest im Auge behält.
  3. Webvideos sind kein Fernsehen. Immer noch sieht man viel zu häufig Filme, die sich an den vermeintlichen Gesetzmäßigkeiten des TV festhalten. Das ist im besten Fall unnötig, im schlechtesten Fall verliert man den mühsam gewonnenen Nutzer ganz schnell wieder. Für die allermeisten Videos gilt: Nach weniger als 10 Sekunden ist der Nutzer wieder weg. Was auch relativ einfach erklärt ist: Bei Webvideos gilt das „Trial&Error“-Prinzip. Die Bereitschaft, sich mal eben in ein womöglich interessantes Video reinzuklicken, ist hoch. Wenn das Video dann aber nicht schnell zündet, ist der Ausstieg genauso schnell vollzogen wie der Einstieg. Das heißt: keine langatmigen Einstiege, die im TV so gerne genutzten (und häufig überflüssigen) Schnitt- und Antextbilder wenig bis gar nicht einsetzen, schnell auf den (journalistischen) Punkt kommen.
  4. Webvideos unterliegen keinen generellen Zeitbegrenzungen. Es gibt also, anders als sehr häufig im Fernsehen, keinen Grund, einen Beitrag in exakt 2.30 Minuten abzuliefern. Das bedeutet aber umgekehrt nicht, dass man die Zeit des Nutzers in beliebiger Menge in Anspruch nehmen kann. Faustregeln: Bei steigender Informationsdichte sinkt die Aufnahmebereitschaft, bei Formaten wie beispielsweise Interviews ist sie tendenziell höher. Eigener transparenter Erfahrungswert: Die Interviews auf dem „Universalkanal“ kommen auf eine durchschnittliche Nutzungsdauer von rund 6 Minuten.
  5. Webvideos sind immer noch in der Entwicklung.  Für Freunde klarer Regeln mag das eine eher schlechte Nachricht sein, alle anderen können und sollten dagegen ruhig auch einmal experimentieren.

Wer wissen will, welche Trends bei Webvideos aktuell zu beobachten sind, ist beim Deutschen Webvideopreis gut aufgehoben. Er wird am Samstag in Düsseldorf verliehen. Die Nominierungen kann man sich hier ansehen, die Preisverleihung selbst wird am Samstag live bei YouTube übertragen.

 

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