Medienwandel 19. September 2012

Mit dem Netz sieht man besser

by Christian Jakubetz

Mediennutzung im Jahr 2012: Mit Plattformen wie YouTube oder Facebook sind Inhalteplattformen entstanden, an denen kein Weg mehr vorbei führt. Vor allem beim Publikum zwischen 14 und 19 gehören sie zum täglichen Medienmix.  Weniger populär sind dagegen zwei Kanäle, die von Journalisten und Medienmachern im Regelfall als erheblich bedeutsamer eingeschätzt werden.

 

Der aktuelle Auftritt von Jenny Elvers-Elbertzhagen, ein neues Video von Paul McCartney oder doch ein ganzer Monty-Python-Film? Auf Portalen wie YouTube gibt es fast nichts, was es nicht gibt. Kein Wunder, dass sich 90 Prozent der 14-19jährigen regelmäßig dort aufhalten.

Zumindest so viel kann man inzwischen wohl als gesichert voraussetzen: Geht es um die mediale Zukunft, dann führt an Seiten, die man noch vor wenigen Jahren keineswegs als „Medien“ bezeichnet hätte, kein Weg mehr vorbei. Junge Nutzer jedenfalls haben einiges zu ihrem Standardrepertoire der Nutzung hinzugefügt, was mit Medien und klassischem Journalismus, wie wir es bisher kennen, nicht mehr sehr viel zu tun hat. Und das betrift alle Gattungen gleichermaßen: Fernsehsender werden es vermutlich mit wenig Begeisterung sehen, dass sich vor allem bei jungen Nutzern YouTube inzwischen als der möglicherweise wichtigste Kanal etabliert hat. Und für Verlage ist die ausgesprochen intensive Nutzung von sozialen Netzwerken ebenfalls nur eine eingeschränkt gute Nachricht. Weil dort häufig Inhalte zirkulieren, für deren Lektüre man in den Prä-Facebook-Zeiten eben noch die ursprünglichen Webseiten hätte anschauen müssen.

Die Ergebnisse der ARD-ZDF-Onlinestudie 2012 zeigen beim jungen Publikum zwischen 14 und 19 vor allem eines: Ihre „Massenmedien“ sind ganz andere als diejenigen, die man noch vor Jahren als solche hätte bezeichnen können.  So sagen 90 Prozent der Nutzer in dieser Altersgruppe, zumindest ab und an Videoportale wie YouTube zu nutzen. Weitere 88 Prozent sagen von sich, in (privaten) Netzwerken unterwegs zu sein. Ohne dass es in der Statistik explizit so benannt wird, darf man getrost davon ausgehen, dass damit zu einem beträchtlichen Teil Facebook gemeint ist.

Interessant am Rande: Ausgerechnet zwei Kanäle, die gerade in und von Journalistenkreisen tendenziell hoch geschätzt werden, spielen für den Normalnutzer nur eine eher untergeordnete Rolle. Twitter beispielsweise: Wenn man manchen Debatten unter Journalisten folgt, dann ist Twitter auf dem besten Weg zu einem der wichtigsten Kanäle im Netz. Glaubt man der Studie, dann sagen allerdings nur gerade mal 4 Prozent der Nutzer von sich, Twitter wenigstens ab und zu zu nutzen. Diese dann doch erstaunlich niedrige Quote zieht sich übrigens mit nur sehr geringen Abweichungen durch nahezu alle Altersgruppen. Im Gegensatz also beispielsweise zu YouTube oder Facebook kann man bei Twitter nicht darauf verweisen, dass sich dieser Trend in ein paar Jahren wandeln könne – nämlich dann, wenn das jüngere Publikum die Umfragen dominiert. Auch Weblogs spielen zumindest quantitativ betrachtet im Netz keine herausragende Rolle. Sie kommen im Gesamtpublikum auf eine Nutzungsquote von 8 Prozent. Immerhin: Bei den jüngeren Nutzern von 14-19 Jahren kommen die Blogs auf eine knapp zweistellige Quote von 12 Prozent. Auffällig ist aber doch der eklatante Unterschied in den Zahlen. Und absehbar ist zudem, dass Twitter und Blogs auf sehr lange Sicht hin nicht die Rolle von Facebook, YouTibe oder Wikipedia spielen werden.

Also alle auf in die Welt der sozialen Netzwerke? Auch das ist ein zweischneidiges Schwert. Zwar tummeln sich dort zwar inzwischen beinahe alle jungen User. Aber was sie dort tun, ist nicht unbedingt das, was man als Redaktion gerne hätte: In erster Linie werden dort Dinge erledigt, die man im Großen und Ganzen als „privat“ bezeichnen könnte. Gezielt nach Informationen suchen dort nur 16 Prozent der Nutzer – was natürlich nicht ausschließt, dass User auf Hinweise aus medien stolpern könnten, die dort von Freunden gepostet werden. Der Effekt wäre also demnach weniger, dass Nutzer in sozialen Netzwerken gezielt nach Inhalten aus klassischen Medien suchen. Stattdessen ist es die klassische Empfehlung unter Freunden, auf die man dort setzt: Das solltest du lesen, das solltest du dir anschauen – über diesen Imperativ können Medien partizipieren. Es ist also möglicherweise ein eher unbewusster denn ein bewusster Vorgang, wenn User ein soziales Netzwerk als Informations- und Nachrichtenquelle verwenden.

Die bisherigen Ergebnisse aus der aktuellen ARD-ZDF-Oninestudie finden Sie in aufbereiteter Form hier:

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