Medienwandel 26. November 2013

Wie der #ddj ins Lokale kommt

by Christian Jakubetz

Datenjournalismus – das ist doch nur was für die großen, gut ausgestatteten Redaktion. Ein (Trug-)Schluss, den man immer wieder hört. Mit ein paar Ideen, etwas Hartnäckigkeit und etwas Gespür für gute Themen kann man richtig gute datenjournalistische Projekte machen, wie das Beispiel einer Lokalredaktion zeigt, die weder zu „Zeit“ oder „Süddeutscher Zeitung“ gehört…

Schulen in Dortmund - das erste große datenjournalistische Projekt der Lokalredaktion der "Ruhr Nachrichten".
Schulen in Dortmund – das erste große datenjournalistische Projekt der Lokalredaktion der „Ruhr Nachrichten“.

Philipp Ostrop ist einer, dem man seine Herkunft sofort anhört: Ruhrpott, unverkennbar. Dass so einer mit Begeisterung Lokalchef in Dortmund, im Herzen dieses Potts wird, verwundert nicht. Aber auch wenn sich Ostrop gelegentlich anhört wie eine jüngere und moderne Ausgabe eines bekannten Ruhrgebiets-Kabarettisten, sollte man sich nicht täuschen: In seinen „Ruhr-Nachrichten“ hat Ostrop bereits mehrfach datenjournalistische Projekte angestoßen, die durchaus wegweisend für die Lokalredaktionen bundesdeutscher Blätter sein können.

Zum ersten Mal so richtig herangewagt an das Thema haben sich Ostrop und Kollegen, als sie sich mit dem Thema „Schulen in Dortmund“ beschäftigten. Wie viele Schüler gibt es in Dortmund, wie sind die Schulen im Stadtgebiet verteilt? Welche Schulformen sind die beliebtesten? Fragen, die man natürlich ganz herkömmlich mit Texten beantworten könnte. Oder mit Tabellen. Oder eben aber durch: Visualisierung. Mit Mitteln, die im Netz durch Datenjournalismus erst möglich werden.

Also setzte man sich zusammen- und überlegte: Wie kann das funktionieren? Einen richtigen „ausgebildeten“ Datenjournalisten hatte man nicht in der Redaktion, Erfahrungen mit solchen Projekten gab es auch keine. Trotzdem entschied man sich für ein autodidaktisches Verfahren: Man versucht es einfach mal.  Zumal es für Ostrop einen ebenso simplen wie nachvollziehbaren Anreiz gab, sich an diesem Projekt zu versuchen: „Die Verfügbarkeit von Daten“ alleine sei schon ein guter Grund gewesen, sich selbst mal an einem datenjournalistischem Projekt zu versuchen. Die Projekte anderer, größerer Redaktionen hatte man schon länger beobachtet. Bei der Recherche stellte sich dann schnell heraus: „Es gibt auch im Lokalen jede Menge Daten, von der Stadt oder vom Land.“

Schwerpunkt Datenjournalismus

In diesem Schwerpunkt “Datenjournalismus” beschäftigen wir uns mit den wichtigsten Entwicklungen, den Grundlagen, Praxiserfahrungen und Tipps für diese neue Variante des digitalen Journalismus. Bisher erschienen:

Indes: Sich mal eben hinsetzen und ein richtig gutes datenjournalistisches Projekt auf die Beine stellen, das ist gar nicht so einfach. Selbst dann nicht, wenn man sich diesem Thema mit idealistischer Begeisterung widmet. Mit Programmen wie dem Datawrapper der ABZV beispielsweise oder mit Google Charts ließen sich die Ideen noch vergleichsweise einfach umsetzen. Mit einem Programm wie Google Fusion Tables sah das schon anders aus:  ziemlich schwierig und anspruchsvoll, „wenn man da nur alle sechs Wochen mal reinschaut“, erzählt Ostrop. Und auch die eigentliche Basis für ein solches Projekt kann Probleme bereiten: „Manchmal hat es uns auch das Genick gebrochen, dass wir nicht an gute Rohdaten herankamen.“

Ein Problem stellt sich vermutlich vor allem bei den kleineren und mittelgroßen Redaktionen von Tageszeitungen: das Personal. Nicht, dass man Datenjournalismus nicht lernen könnte. Man muss nur ausreichend Zeit und Mitarbeiter haben. Das war auch bei den „Ruhr Nachrichten“ nicht anders, als sie sich ihren Projekten widmeten. Eine echte Onlineredaktion für das Lokale in Dortmund gibt es nicht. Unter den rund 20 Kollegen gab und gibt es zwar auch welche, die „Zeit und Lust haben, sich da reinzufuchsen“. Trotzdem bleibt eines dabei auch klar: Ein solches Projekt erfordert eben tatsächlich viel Zeit und Lust. Und Mehrarbeit, die man naturgemäß mehr oder weniger freiwillig auf sich nehmen muss. Das Projekt „Schulen in Dortmund“ wurde dann auch tatsächlich von gerade mal einem Kollegen mehr oder weniger alleine gestemmt.

Lohnt sich der Aufwand, lohnt sich die Mühe? Für Philipp Ostrop keine Frage: „Ich finde, das ist es absolut wert.“  Datenjournalismus sei ein wunderbarer Weg, Zahlen und Fakten aufzubereiten – und dadurch letztendlich klassische journalistische Geschichten zu erzählen.

Making of

Das Video wurde gedreht mit einer Nikon D 600, die Tonspur wurde mit einer Sennheiser-Funsktrecke aufgezeichnet.

 

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