Digitales Leben 13. April 2013

Der (Gesprächs-)Stoff, aus dem die Netze sind

by Christian Jakubetz

Das (soziale) Netz lässt von gewohnten Rangordnungen nicht viel übrig – zumindest dann nicht, wenn es um die Popularität von Medien geht. Eine aktuelle Auswertung zeigt: Wenn ein analoges Großmedium ins Netz geht, muss das noch lange keine Garantie für Erfolg und Aufmerksamkeit sein.

fliesLeitmedien sind in der digitalen Welt andere als im analogen Leben. Was erst einmal banal klingt, wird umso deutlicher, wenn man einen Blick auf  Zahlen und Statistiken wirft. Nicht alle medialen Dickschiffe schaffen den Sprung in die Bedeutungselite der digitalen Welt, während sich umgekehrt mühelos der Schluss ziehen lässt: Um sich im Netz einen Namen zu machen, muss man nicht unbedingt einen großen Konzern oder einen bekannten Namen hinter sich stehen haben.

Die Webseite „10000flies“ misst seit Jahresanfang täglich, welche Artikel im deutschsprachigen sozialen Netz am meisten geteilt, bewertet oder kommentiert werden. Aus diesem Tagesranking lässt sich auch ableiten, welche Medien oder Webseiten pro Monat für den meisten Gesprächsstoff gesorgt haben. Schaut man sich beispielsweise mal die Reihenfolge im abgelaufenen März an, stellt man schnell fest, was damit gemeint ist: Da finden sich beispielsweise Satireblogs mitten unter den Topseiten, während eine etablierte, überregionale Tageszeitung wie die FAZ ziemlich abfällt.

Dabei sieht es auf den ersten Plätzen noch so aus, als sei die Theorie von den Kleinen, die im Netz den Großen wenigsten ebenbürtig sind, weitgehend hinfällig: 10000flies führt „Spiegel Online“ vor „Bild.de“ und „sueddeutsche.de“, gefolgt von den Onlineablegern der „Welt“ und der „Zeit“. Danach geht es aber dann bunt durcheinander: Auf den Plätzen 6 und 8 finden sich beispielsweise mit den eurokritischen „Deutschen Wirtschafstnachrichten“ und dem satirischen „Postillion“ zwei Seiten, die eben nicht aus der klassischen analogen Medienwelt kommen bzw. dort ihren Ursprung haben.

Ebenso verblüffend: Der österreichische „Standard“  hat es im März auf Rang 10 geschafft – und damit beispielsweise vor die altehrwürdige „Tagesschau“, den „Stern“, „n-tv“ oder auch die FAZ. Die FAZ ist zudem auch ein guter Beleg dafür, dass  sich die Verhältnisse im Netz nicht automatisch denen in der analogen Welt angleichen.  Dort liegt die FAZ bei der Auflage nur knapp hinter der SZ und deutlich vor der „Welt“. Bei den Erwähnungen im sozialen Netz klafft zwischen SZ und „Welt“ und der FAZ eine dann doch erstaunlich große Lücke.

Aggregatoren im sozialen Netz

10000flies.de liefert jeden Tag eines eigenen Punktesystems einen Überblick, über welche Artikel im sozialen Netz gerade am meisten gesprochen wird. Einer ähnlichen Logik, allerdings basierend auf einem Algorithmus, folgt die Seite „rivva.de“, die sich als klassischer Aggregator versteht. Beide Seiten können für Journalisten allerdings wertvolle Recherchequellen als auch Trendbarometer sein.

Doch nicht nur bei Printmedien zeigt sich, wie wenig ein guter Stand in der Karbonwelt auch im sozialen Netz von Nutzen ist. Auch TV-Sender müssen davon keineswegs profitieren. Mit Tagesschau, n-tv.de und n24.de sind wenigstens drei Nachrichtenangebote vertreten, sonst aber finden sich keine TV-Ableger. Das ZDF schafft es nicht mal, seine Nachrichtenseite „heute.de“ dort zu platzieren.

Allerdings fällt auch anderes ins Auge: Nach wie vor sind es dennoch die klassischen Medien und ihre Redaktionen, die den Stoff liefern, über den dann im Netz gesprochen wird. Blogs beispielsweise, von denen man eine Zeit lang dachte, sie würden einmal diese Rolle  wenigstens teilweise übernehmen, sind in den Top 50 gar nicht vertreten und anscheinend nach wie vor eher ein Ort für die Anschlusskommunikation.

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