Digitales Leben 28. August 2012

Das Publikum dreht die analogen Kanäle ab

by Christian Jakubetz

Was man schon längere Zeit geahnt hat, das ist jetzt Realität geworden: Das Internet hat das Fernsehen und natürlich auch die Zeitung in der Nutzungsdauer überholt. Zugegeben, das ist in dieser Form bisher nur bei den 14-29 jährigen der Fall. Doch gleichzeitig gibt diese Zahl auch einen deutlichen Ausblick auf die Medienlandschaft in der Zukunft.

Diese Zahl gehört zu den zentralen Ergebnissen der diesjährigen Onlinestudie von ARD und ZDF. Naturgemäß wird eine solches Ergebnis nicht in den Mittelpunkt der zentralen Aussage einer solchen Studie gestellt. Dort betont man eher das weitere Wachstum des Netzes in Deutschland und die zunehmende Bedeutung mobiler Endgeräte in der Mediennutzung. Tatsächlich aber befindet sich eben auch ein durchaus frappierendes Ergebnis in der Studie: Bei den 14-19jährigen ist die tägliche Nutzung des Netzes inzwischen auf dem neuen Höchststand von 150 Minuten angekommen. Das Fernsehen bringt es dagegen „nur“ noch auf 138 Minuten. Wirklich bitter sind die neuen Zahlen in dieser Altersgruppe für die Hersteller von Printprodukten: Mit Zeitungen beschäftigen sich die 14-29jährigen demnach nur noch durchschnittlich 10 (!) Minuten am Tag. Noch dramatischer  liest sich die Zahl der täglichen Nutzung von Zeitschriften. Sie ist in dieser Altersgruppe auf nur noch 4 Minuten am Tag gesunken.

Generell lässt sich ein Trend feststellen, der schon seit Jahren in dieser Form zu beobachten ist. Analoge, sprich gedruckte Medien sind zunehmend nur noch eine Sache der Älteren. Die altersmäßige Grenze verläuft irgendwo zwischen 30 und 40 Jahren. Zum Vergleich: Während in der jungen Zielgruppe nur noch 10 Minuten pro Tag Zeitung gelesen wird, sind es bei der Altersgruppe ab 50 Jahren 34 Minuten täglich. Nur so kommen Zeitungen noch auf einen täglichen Nutzungswert von durchschnittlich 23 Minuten. Ebenso absehbar wie erwartbar ist allerdings auch, dass dieser Durchschnittswert in Zukunft weiter sinken wird. Es ist also alles andere als eine gewagte Prognose, dass Tageszeitungen in Zukunft weiter an Bedeutung verlieren werden – zumindest dann, wenn sie gedruckt sind.

Betroffen von dieser Entwicklung sind allerdings nicht mehr Tageszeitungen. Generell gilt: Wenn Medien analog und linear sind, dann verlieren sie bei einem jüngeren Publikum zunehmend an Relevanz. Auf das klassische Fernsehen und das gute alte Radio sind in ihrer ursprünglichen Form inzwischen auf der Verliererseite.  Auch hier verdeutlicht der Vergleich zwischen der jüngsten und der ältesten Altersgruppe das Dilemma der klassischen Medien. Beispiel Fernsehen: Es kommt in der Zielgruppe der Generation 50 plus auf eine tägliche Nutzungsdauer von stolzen 297 Minuten. Bei der jüngsten Zielgruppe ist es nicht mal mehr die Hälfte, dort stehen nur noch 138 Minuten tägliche Nutzung für Fernsehen in der Statistik. Wenig überraschend, dass auch das Radio von dieser Entwicklung betroffen ist. Die Generation 50+ hat das Radio laut Statistik am Tag 200 Minuten lang eingeschaltet. Die Altersgruppe der 14- bis 29jährigen hingegen bringt es nur noch auf 146 Minuten.

Exakt umgekehrt ist die Entwicklung bei der Nutzung des Internets – auch das ein Beleg für den drastischen Medienwandel. Bei den 14 bis 29jährigen ist das Netz inzwischen das wichtigste Medium geworden. Mit einer Nutzung von 150 Minuten pro Tag liegt es jetzt deutlich vor dem Fernsehen. Interessant daran übrigens auch ein anderer Aspekt: Fernsehen ist generell für diese Generation nicht mehr dieses wichtige Medium, wie ist das Fernsehen gerne für sich selbst reklamiert. Es kommt inzwischen nur noch auf 138 Minuten täglicher Nutzung. Damit ist es nur noch auf Platz drei der favorisierten Medien in dieser Altersgruppe: Auch das Radio wird inzwischen zumindest rein statistisch länger benutzt. Die Studie kommt auf einen Wert von 146 Minuten pro Tag.

Die Nutzung des Internets hingegen si eindeutig, je älter die Nutzer werden. Bei den Nutzern im Alter zwischen 30 und 49 Jahren sind es immerhin noch 99 Minuten pro Tag.  Bei der Generation 50+ hingegen spielt das Internet mit einer Nutzung von statistisch 44 Minuten pro Tag nur noch eine untergeordnete Rolle.

Trotzdem dürfen vor allem die Fernsehmacher für sich reklamieren, dass die Nutzungsdauer ihres Mediums im Vergleich zum Vorjahr wieder deutlich angestiegen ist und sich inzwischen beinahe wieder auf dem Niveau von 2010 befindet. Das lässt sich allerdings mit einer relativ erstaunlichen Beobachtung erklären: noch nie wurden Medien so viel genutzt wie im vergangenen Jahr. Die gesamte tägliche Nutzungsdauer von Medien im Jahr 2012 lag um 15 Minuten höher als im Vorjahr. Welche Gründe dies hat, ob das zum dauerhaften Trend wird, ob möglicherweise eine zunehmende parallele Nutzung von Fernsehen und Internet dafür verantwortlich sein könnte – das alles geht aus der Studie naturgemäß nicht hervor. Insofern wäre es müßig, darüber zu spekulieren.

(weitere Ergebnisse der Online-Studie von ARD und ZDF in den nächsten Tagen)

 

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