Sollen sich Medien an den „Instant Articles“ von Facebook beteiligen? Die Frage gehört zu den meist diskutierten der letzten Wochen – und eine klare Antwort ist immer noch nicht gefunden. Die Zukunft, sagen die einen. Teufelszeug – das glauben die anderen. Dabei sind Facebook und seine Algorithmen schon jetzt dabei, die Kontrolle über das zu übernehmen, was Nutzer lesen.

Man liefere sich einem Giganten aus, dem es mit seiner marktbeherrschenden Stellung und seinen Algorithmen mehr als allen anderen gelinge, die tägliche Information der Menschen zu bestimmen. So lautet, kurz zusammen gefasst, die Hauptkritik an dem Angebot „Instant Articles“ von Facebook. Die Pragmatiker entgegen dann gerne: Seine dominierende Stellung hat das Netzwerk ja ohnehin schon, dann ist es besser, man liefert gezielt zu und kann ggf. sogar noch ein paar Euro Vermarktungseinnahmen mitnehmen.
Und tatsächlich ist eines unbestritten: Erfolg im Netz hängt so stark wie noch nie von der Verbreitung in soziale Netzwerken ab. Und dort wiederum – naturgemäß – von Facebook. Wie sehr – das zeigt u.a. ein Blogbeitrag ausgerechnet der „taz“. Der Eintrag zeigt auch beispielhaft das Dilemma, in dem viele Redaktionen stecken: Zwar sorgt Facebook unbestritten für eine sehr viel höhere Reichweite. Der Preis dafür ist allerdings vergleichsweise hoch: Welcher Beitrag gerade viel gelesen wird, kann von der Redaktion nur noch marginal beeinflusst werden. Taz-Blogger Sebastian Heiser formuliert das so: „Je nach Betrachtungsweise führt dies zu einer Demokratisierung (weil jetzt die Leser entscheiden, welche Artikel sie teilen) oder Monopolisierung (weil Facebook nicht alle geteilten Artikel aller Freunde anzeigt, sondern mit seinen Algorithmen eine Auswahl trifft).“
In Zahlen: Aktuell registriert die taz einen User-Anteil von 28 Prozent, der via Facebook auf den Seiten der Zeitung landet. Zum Vergleich: Vor eineinhalb Jahren waren es gerade mal sechs Prozent. Das hat natürlich Konsequenzen auf die restlichen Zugriffe. Die Zahl derer, die unmittelbar auf die Startseite der taz gingen, sank von 50 auf 41 Prozent. Spürbar zurück gingen auch die Besucher, die über eine Suchmaschine (vulgo.: Google) dort landeten. Statt 31 Prozent waren es nur noch 21 Prozent. Woraus sich, nebenher bemerkt, auch ausrechnen lässt, dass jeder zweite Besucher von taz.de über einen Link anderer Plattformen dort landet.
Traffic-Bringer Facebook
Man kann über Facebook denken, was man will: Zumindest rein quantitativ ist das soziale Netzwerk inzwischen vermutlich der wichtigste Traffic-Bringer. Auch eine Plattform wie Twitter ist dagegen im Regelfall nahezu unbedeutend. Vergleicht man die Anteile der beiden Plattformen, dann lässt sich ein eklatanter Unterschied nicht übersehen.
Während Facebooks Bedeutung als Trafficlieferant für andere Webseiten im letzten Jahr deutlich an Bedeutung gewonnen hat – im Dezember lag der Anteil des von Facebook kommenden Traffics am Gesamtraffic von Webseiten laut Shareaholic bei rund 25 Prozent – stagniert der von Twitter kommende Referral-Traffic bei unter einem Prozent. Die Untersuchung basiert auf mehr als 300.000 Webseiten weltweit und über 400 Millionen eindeutigen Besuchern pro Monat.
Der 28-Prozent-Anteil bei der taz entspricht also fast genau dem statistischen Mittel.
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Das bedeutet aber eben auch: Redaktionen verlieren zunehmend an Einfluss, wie und wo ihre Artikel gelesen und geteilt werden. Sie sind zunehmend davon abhängig, wie gut ihre Social-Media-Strategien greifen – bzw. davon, überhaupt eine zu haben.
Hallo Herr Jakubetz,
ich finde es interessant, dass Sie einen ähnlichen Schluss über Twitter ziehen wie wir selbst auch. Dafür dass Twitter während Fernsehsendungen und auch sonst häufig eingeblendet wird, ist dort recht wenig los. Außer beim Tatort vielleicht.
Ein weiteres Problem sehe ich in der absoluten „Content“-Überflutung. Wenn man durch den Facebook Newsstream scrollt, kommt mittlerweile ein Video nach dem anderen. Ein kurzer Blick wird darauf geworfen und schon ist man beim nächsten.
Ich glaube, dass es für den Journalismus nur eine Überlebenschance in einer hohen Qualität gibt, bei der auf umfassende Berichte und weniger auf 0815 „ich auch“ Artikel gesetzt wird.
Hauptproblem bleibt die Monetarisierung. Wie denken Sie hierüber?
Beste Grüße
Hendrik Henze
Tja, genau das ist das Problem: Gute Konzepte und Idee für den Journalismus gäbe es schon, so ist das ja nicht. Die Frage ist tatsächlich: Wer soll (und will) das bezahlen? Das ist die Fragen, an der wir uns letztlich alle messen lassen müssen.