Journalisten müssten sich eigentlich permanent fortbilden – tun es aber nicht. Auch im Zeitalter des digitalen Umbruchs zeigt sich die Branche eher unwillig, wenn es um Weiterbildung geht. Besondere Bildungsmuffel: Männer über 40…

Manche Dinge kann man bedenkenlos immer behaupten. Weil man weiß, dass sie nie jemand in Zweifel ziehen würde. Dass Weiterbildung wichtig ist, das ist beispielsweise eine solche immer richtige und umstrittene Binse. Noch dazu in einem Zeitalter des permanenten Umbruchs, in dem buchstäblich nichts so bleibt, wie es einmal war. Davon abgesehen, dass ja auch niemand mehr der Erkenntnis widersprechen würde, dass lebenslanges Lernen nicht nur möglich, sondern auch wichtig ist.
Soweit in der Theorie. In der Praxis lässt sich gerade die Frage stellen: Sind Journalisten gar nicht so wissbegierig und lernfähig, wie sie es für sich selbst gerne in Anspruch nehmen?
Zumindest eine Studie legt das nahe. Zugegeben, diese Studie ist in Österreich entstanden und insofern wäre es wissenschaftlich natürlich unzulässig, die Ergebnisse auf den deutschen Markt einfach zu übertragen. Trotzdem: Sie lässt tief blicken. Und dass die Unterschiede zwischen deutschen und österreichischen Journalisten so gravierend wären, dass man gar keine Parallelen sehen könnte, ließe sich ja nun vermutlich auch nicht ernsthaft behaupten…
Zunächst also mal die Zahlen: Frauen und jüngere Männer bilden sich signifikant häufiger weiter als Männer über 40. Man könnte auch sagen: Männer über 40 sind Fortbildungsmuffel. Aber auch in der Gesamtheit geben die Kollegen in Österreich nicht gerade ein Bild der wissbegierigen Journalisten ab: Über die Hälfte besucht gar keine Fortbildungsveranstaltungen oder seltener als einmal im Jahr.
Die komplette Studie zum Download gibt es hier
Möglich aber auch, dass es nicht nur an mangelndem Interesse, sondern auch an wenig begeisternden Angeboten liegt. Ernüchternde Zahl in Österreich: Zwei Drittel der Befragten sind mit den existierenden Möglichkeiten zur Qualifikation nur mäßig oder gar nicht zufrieden.
Inhalt und Technik wachsen immer mehr zusammen
Die Neigung der Ü40-Kollegen, das Thema Fortbildung eher lässlich anzugehen, ist allerdings für sie selbst fatal. Weil nämlich in den kommenden Jahren vermehrt Journalisten in den Beruf drängen, die bereits nach den Standards ausgebildet sind, die im Zeitalter der Digitalisierung relevant sind. Die Ausbildungsinhalte ändern sich gerade auf der ganzen Welt massiv. Besonders im Trend: Studien- und Ausbildungsgänge, bei denen Inhalt und Technik zunehmend zusammen wachsen (nicht umsonst sind so genannte „Einhörner“ in den Medienhäuser aktuell ganz besonders gefragt). Auch „Innovation Labs“ schießen auf dem ganzen Planeten aus dem Boden. Dort trainieren Studierende gemeinsam mit etablierten JournalistInnen neue Methoden des Storytellings oder der Datenaufbereitung. In den USA oder auch Deutschland ist eine intensive Diskussion und Veränderung der Curricula im Gange, damit Ausbildung der Realität in den Redaktionen gerecht wird und in die Zukunft gerichtet sein kann.
Weil zumindest eines ja dann doch sicher ist: Man weiß vielleicht aktuell noch nicht, wie der Journalismus des Jahres 2020 aussieht. Aber dass er mit dem des Jahres 2015 nicht mehr so wahnsinnig viel zu tun haben wird – so viel scheint dann doch beinahe sicher.
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