Wie geht es eigentlich dem (Lokal-)Journalismus in Deutschland? Eine junge Journalistin aus München will das herausfinden – und dabei auf einen Brauch zurückgreifen, der eigentlich schon lange beinahe ausgestorben ist…

„Wie geht Datenjournalismus lokal? Schon mal Storify für eine Landrecherche benutzt? Wie sieht die Leser-Blatt-Bindung eigentlich beim Westfalen Blatt aus?“ – es sind ebenso einfache wie spannende Fragen, die sich Jessica Schober stellt. Die freie Journalistin und Absolventin der Deutschen Journalistenschule in München will das herausfinden, in dem sie nicht etwa lange Studien liest und Abhandlungen schreibt, sondern indem sie sich das Ganze anschaut. Direkt vor Ort. Bei denen, die es wissen müssen. Weil sie es täglich machen. Oder eben auch vielleicht nicht.
Aber wie finanziert man eine solche Reise, bei der erwartbar nichts oder nicht viel zu verdienen ist? Spätestens seit dem (erfolgreichen) Projekt der „Krautreporter“ gibt es in Deutschland heftige Debatten über Projekte, die sich via Crowdfunding finanzieren. Und: Es gibt eine breite Masse, die mit diesem Begriff jetzt etwas anfangen kann. Die Debatte um die Krautreporter ist noch lange nicht am Ende – und dürfte spätestens dann wieder erheblich an Fahrt aufehmen, wenn die Truppe wie von ihnen angekündigt irgendwann im September online gehen wird.
Trotzdem entwickelt sich gerade eine kleine Crowdfunding-Kultur in Deutschland. Zunehmend öfter werden Projekte ganz oder teilweise über das Einsammeln von privaten Unterstützer-Geldern finanziert. Ob Projekte wie Brafus2014 oder Godeepr.com: Journalismus funktioniert zunehmend mehr nach dem Prinzip, das potentielle Leser journalistische Projekte unmittelbar unterstützen.
Im Schatten der „Krautreporter“ ist das Projekt von Jessica Schober an den Start gegangen. Und es ist jetzt schon finanziert. Was allerdings kein großes Wunder ist: Als Finanzierungsziel wurden lediglich 142 Euro angegeben. Damit will die Journalistin eine „Wortwalz“ finanzieren. Eine Art journalistische Gesellenwanderung: Jessica Schober wird sich in diesem Sommer auf eine Reise quer durch Deutschland begeben und Redaktionen dort ihre journalistischen Dienste anbieten. Ganz so, wie es die Handwerks-Gesellen früher gemacht haben.
Und auch, was ihre Ausstattung angeht, will Jessica Schober sich an die alte Handwerker-Tradition halten: kein eigenes Handy, kein Laptop. Kein Geld für Zugreisen, kein Geld für Hotelzimmer. Morgens nicht wissen, wo man abends schläft. Arbeiten um zu reisen – reisen um zu arbeiten. Ende Juli soll es in München losgehen. Das Projekt soll den ganzen Sommer laufen. Arbeiten will Jessica Schober für jeden, der sie arbeiten lässt, unabhängig davon, wie joch das Zeilenhonorar ist. Denn es geht nicht ums Geldverdienen – sondern darum zu zeigen, dass Journalismus ein Handwerk ist. Man könne das, schreibt sie, an Ausbildungseinrichtungen lernen – aber ausprobieren müsse man es eben immer noch in der Praxis. Eine genaue Projektbeschreibung findet sich übrigens hier.
Finanziert sind die 142 Euro, die sich Jessica Schober zum Ziel gesetzt hat, schon lange. Spannend wird es sein, zu welchen Ergebnissen in der Praxis sie kommt. Es geht ihr vor allem um den Lokaljournalismus in Deutschland, nicht um die Zukunft von Großverlagen und Sendern. Ihre Ergebnisse will sie regelmäßig auf ihrer Webseite veröffentlichen.