Ein Begriff, den es zuvor nicht gab, ist in den letzten Jahren immer wieder aufgetaucht: Datenjournalismus ist nicht einfach nur eine Technik, sondern inzwischen zu einer ganz eigenen Gattung mit der eigenen Berufsbezeichnung “Datenjournalist” geworden. Aber was ist das überhaupt – Datenjournalismus? Auftakt einer Serie zu den neuen Darstellungsformen und Möglichkeiten im Journalismus.

Nüchtern betrachtet geht es zunächst einmal nur um eines: Aus – möglicherweise auch sehr großen – Datensätzen Informationen zu generieren. Die englische Bezeichnung “Data Driven Journalism” (daher rührt auch die gängige Abkürzung “DDJ” für Datenjournalismus) zeigt auf, worum es dabei geht: Im Mittelpunkt stehen tatsächlich die Zahlen und die darin enthaltenenen Informationen. Das Verhältnis wird in diesem Fall also umgekehrt: Zahlen und Daten sind nicht einfach nur das ergänzende Beiwerk zum Text eines Journalisten, sondern werden selbst zur Information. Das ist allerdings nicht zu verwechseln – wie gerne geschehen – mit bloßer Statistik. Während die Statistik ja schon bereits per se eine Information ist, generieren Journalisten aus bisweilen sehr großen Datensätzen Informationen, die auf den ersten Blick nicht herauszulesen gewesen wären. Oder die auch möglicherweise völlig neu sind.
In deutschen Onlineredaktionen werden inzwischen zunehmend gerne datenjournalistische Projekte gemacht. Bei “süddeutsche.de” beispielsweise gibt es zwei Projekte, die gut zeigen, was man mit der Aufbereitung von Datensätzen machen kann
Beispiel 1: der “Zugmonitor”. In diesem Projekt werden ständig in Echtzeit aktuelle Daten des Zugverkehrs eingespeist und zu Information visualisiert. Der Nutzer sieht also jederzeit, ob der Zugverkehr in Deutschland reibungslos läuft, ob und wo es zu Verspätungen kommt, welche Streckenabschnitte besonders belastet sind und wo der Verkehr gerade fließt.
Beispiel 2: die interaktive Europakarte. Dort sind in acht verschiedenen Kategorien Zahlen aus ganz Europa aufbereitet. Der User kann also selbst entscheiden, was er wie vergleichen will. Das geht soweit, dass sogar die Zahl der Studienanfänger in Regionen wie beispielsweise Norditalien und Niederbayern miteinander verglichen werden kann.
Daneben hat es in den letzten Jahren auch bei anderen großen und manchmal auch kleineren Onlineredaktionen in Deutschland bemerkenswerte datenjournalistische Projekte gegeben. Bei “Zeit Online” beispielsweise gab es nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima eine Deutschland-Karte, anhand derer sich der Nutzer anzeigen lassen könnte, was bei einem vergleichbaren Unfall in Deutschland in seiner unmittelbaren Umgebung passieren würde. Für Aufsehen sorgte auch ein Projekt, bei dem anhand von Handydaten des Politikers Malte Spitz ein exaktes Bewegungsprofil erstellt werden konnte.
Neue Darstellungsformen im Journalismus
Keine Frage, die Digitalisierung bietet Journalisten eine ganze Reihe neuer Möglichkeiten. In einer ausführlichen Serie stellen wir die neuesten Entwicklungen vor, den Auftakt macht der Datenjournalismus. Die Texte, Fotos und Videos zum Thema „ddj“ erscheinen demnächst auch in einer App für iOS.
Was möglicherweise erst einmal wie ein nettes Gimmick klingt, ist in der Tat eine neue Form der Informationsvermittlung. Sie ist vor allem, wenn man so will, unbestechlich. Sie basiert ausschließlich auf Zahlen und Daten (was natürlich voraussetzt, dass die verwendeten Zahlen richtig sind und in einen passenden Kontext gesetzt wurden).
Die wichtigsten Merkmale des Datenjournalismus sind demnach:
- Daten liegen digital vor, digitale Weiterverarbeitung ist möglich.
- Verwendet werden öffentliche, keine privaten Daten
- Mit den Daten wird multimediales und interaktives Storytelling verwendet.
- Die Nutzer erhalten auch die Rohdatensätze zur Verfügung gestellt.
- Nutzer können diese Rohdaten aus einer Datenbank mit offener Schnittstelle entnehmen und für eigene Anwendungen nutzen.
Ein Tool, mit dem sich Datenjournalismus vergleichbar einfach und ohne Programmierkenntnisse durchführen lässt, ist der ABZV-Datawrapper.
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