Datenjournalismus – das ist für viele immer noch entweder völlig unbekannt. Oder etwas, was nur die „großen“ Medien machen, für kleine oder mittelgroße Redaktionen aber undenkbar ist. Die „Ruhr Nachrichten“ in Dortmund beweisen allerdings seit einiger Zeit, dass das keineswegs so sein muss…
Bei „Zeit Online“ oder „Süddeutsche.de“ sind größere datenjournalistische Projekte inzwischen Standard. Bei aller möglichen Begeisterung dafür sind es doch immer wieder ähnliche Gründe, die andere Redaktionen davon abhalten, selbst einmal datenjournalistische Projekte zu versuchen: kein oder nur wenig knowhow, wie ddj überhaupt funktioniert. Zu wenig Personal, um solche Sonderprojekte durchzuführen. Bedenken, wie man aus reinen Datenmengen wirkliche Informationen filtern kann. Und schließlich: Unsicherheit, ob es gerade im lokalen oder regionalen Umkreis überhaupt genügend Themen und Interesse der User gibt.
Datenspezial über einen Problembezirk
Die Nordstadt in Dortmund gilt als das, was man gemeinhin einen Problembezirk nennt. Die „Ruhr Nachrichten“ beschäftigen sich auf zwei ungewöhnlichen Wegen mit diesem Thema. Zum einen ist Anfang Juli für vier Wochen eine eigene kleine „Lokalredaktion“ eröffnet worden, in der jeden Tag Kollegen vor Ort sind und von dort aus recherchieren und produzieren – und natürlich auch Ansprechpartner für die Menschen in diesem „Problembezirk“ sind. Zum anderen gibt es auch dazu ein Datenspezial – das die Basis legt, um möglicherweise verstehen zu können, warum es in diesem Bezirk immer wieder zu Problemen kommt.
Bei den „Ruhr Nachrichten“ in Dortmund war die Ausgangslage bis vor Jahresfrist auch nicht viel anders. Gehört hatte man schon einiges über das Thema „Datenjournalismus“, eigene Erfahrungen hatte man allerdings nicht gemacht. Mit dem Thema „Schulen in Dortmund“ wurde dann einiges anders: Im Februar 2013 begann die Redaktion damit, sich mit diesem Thema intensiv auseinanderzusetzen und sich Rohdaten zu beschaffen. Herausgekommen ist ein Datenspezial, in dem etliche Informationen aus den nackten Zahlen herausgearbeitet wurden. Eine Grafik zeigt beispielsweise sehr deutlich, wie innerhalb von zwei Jahrzehnten die Hauptschule in Dortmund von der meistgenutzten zu einer eher unbeliebten Schulform geworden ist. Oder wie sich die Zahl der sogenannten „Abschulungen“ von Gymnasium oder Realschule innerhalb eines Jahrzehnts ganz erheblich reduziert hat.


Dabei ist vieles durch „learning by doing“ entstanden. „Es schadet nicht, wenn man an solche Projekte autodidaktisch herangeht“, sagt Thomas Thiel, Redakteur am Newsdesk der RN. Er hatte bis dahin auch noch keine datenjournalistischen Erfahrungen, wurde dann aber von seinem Redaktionsleiter Philipp Ostrop für zwei Wochen von allen anderen Sachen befreit, um sich ausschließlich um dieses neue Projekt zu kümmern. Am Ende stand ein Projekt, das vermutlich nur der Startschuss zu einer für den Lokaljournalismus noch ungewohnten Form der Themenaufbereitung war. Das nächste große Thema – der Zustand der Straßen in Dortmund – ist bereits in Vorbereitung.
Umgesetzt worden sind die bisherigen ddj-Projekte der RN mit „Google Fusion Tables“ und dem Datawrapper der ABZV. Der Datawrapper der ABZ ist eine kostenlose Open-Source-Entwicklung und wird bereits von zahlreichen Zeitungsredaktionen im In- und Ausland verwendet.
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