Als erste große deutsche Redaktion bietet „Zeit online“ eine professionalisierte Version des Whistleblowing an: Ab sofort ist ein digitaler Briefkasten eingerichtet, in den Nutzer vertraulich, anonym und sicher Dokumente hochladen können.

Spätestens seit es Wikileaks gibt, muss sich der Journalismus mit diesem Thema beschäftigen: „Whistleblowing“, das anonyme Zuspielen meist heikler Daten und Unterlagen. Plattformen wie „Wikileaks“ haben damit nichts anderes gemacht, als diese Daten und Unterlagen zu dokumentieren und sie öffentlich zugänglich zu machen. Die journalistische Einordnung überließ man anderen. In Deutschland war es zuletzt zweimal der „Spiegel“, dem die Unterlagen vorab zur Einsicht zur Verfügung gestellt wurden. Diese Lücke will jetzt „Zeit Online“ füllen – und zudem dabei auch den Umweg über eine andere Plattform vermeiden.
Natürlich: Vertrauliche Informationen gehörten schon immer zum Journalismus. Ohne irgendjemanden, der einem Journalisten mal „etwas steckt“, würde der gesamte investigative Journalismus nicht funktionieren. Für Chefredakteur Wolfgang Blau gibt es aber eine dennoch eine Hemmschwelle – und die ist paradoxerweise: der Journalist. „Es ist eben ein Unterschied, ob man sich mit einem Redakteur trifft oder ob man sie völlig anonym und möglichst sicher an uns übergeben kann“, sagt Blau in einem Video, in dem die Idee dieser Plattform erklärt wird.
Gleichzeitig legt die Redaktion dennoch Wert darauf, keine Whistleblower-Plattform im Stil von „Wikileaks“ zu sein. Hochgeladene Dokumente werden also weder per se noch ungeprüft veröffentlicht. Die Dokumente werden journalistisch überprüft und dann ggf. im Zuge einer redaktionellen Berichertstattung verwendet. Dabei muss die Berichterstattung nicht zwingend bei „Zeit online“ stattfinden. Die Dokumente können auch von der Printausgabe verwertet werden.
Vor allem die Sicherheit ist es, die bei den Planungen der Redaktion eine besondere Rolle spielt. Alle Datenübertragungen werden ausschließlich verschlüsselt durchgeführt. Nach dem Upload werden die Daten sofort wieder vom Server gelöscht. Ausführliche Hinweise, wie man sich bei der „Datenspende“ am besten schützt, finden sich hier. Ebenso hat die Redaktion detaillierte Hinweise veröffentlicht, was nach dem Upload mit den Daten passiert.
Der gesamte „Digitale Briefkasten“ ist als Open Source angelegt. Das bedeutet, dass jeder Interessent mit dem Code experimentieren kann. Auch Betreiber einer eigenen Webseite können den Briefkasten auf ihrer Seite einbauen.
Räusper: stern.de/investigativ + derwesten-recherche.org
Das wollte ich auch grade sagen.
Leider wurde dort trotz vieler berücksichtigter wichtiger Punkte vergessen auf solchen sensiblen Seiten alle Webtracker und Werbung sowie weitere Elemente, die von nicht vertrauenswürdigen fremden Anbietern geladen werden sowie Links zu solchen Seiten abzuschalten ( Zur Problematik des Einbindens fremder Dienste und Inhalte in eigene Website unter http://www.selbstdatenschutz.info/datenkraken ).
Damit werden Daten der Whistleblower – je nach Schutzvorkehrungen der Betroffenen bis hin zu deren Identität – an wenig vertrauenswürdige Werbefirmen und Datensammler wie Nugg.ad und Google weiter gegeben, die es nichts angeht, wer Dokumente einreicht und die solche Daten unter Umständen auch an ermittelnde Behörden weiter geben (müssen).
Wer solche Dienste für Whistleblower betreibt sollte die zahlreichen damit verbundenen Problematiken berücksichtigen: http://mandalka.name/datenschutz_fuer_journalisten