Das Netz als Nachrichtenquelle? Streng genommen schon wieder ein alter Hut. Die neuesten Zahlen des Reuters Institute zeigen: Soziale Netzwerke sind gerade dabei, die neue Tageszeitung zu werden…

Es gibt einen eindeutigen Verlierer, wenn es um die Mediennutzung der Gegenwart gibt – und das sind: gedruckte Zeitungen. Eine andere Interpretation lassen die Zahlen aus dem aktuellen „Digital News Report“ von Reuters nicht zu. Während sich das gute, alte Fernsehen und das Netz in seiner ganzen Größe als bevorzugte News-Quellen in den vergangenen drei Jahren seit dem letzten Report stabil gehalten haben, rauschen die Nutzungswerte für Print steil in den Keller. Der große Gewinner ist allerdings nicht das Web als solches, wie man anno 2013 gerne noch prophezeit hatte. Stattdessen sind es soziale Netzwerke, die sich mehr und mehr zum zentralen Nachrichten-Umschlagplatz in der digitalen Welt entwickeln. In Zahlen sind die Bilanz der vergangenen drei Jahre dann so aus:

Allerdings: Man kann abwarten, bis sich auch das verändern wird. Bei den Deutschen unter 35 ist schon heute das Netz die meist genutzte Quelle für Nachrichten. Dass das TV noch immer vorne liegt und auch die Zeitungen mit 38 Prozent auf einen ordentlichen Wert kommen, hat viel damit zu tun, dass die älteren Generationen insbesondere ab 40 aufwärts in ihrer Mediennutzung noch vergleichsweise traditionell sind.
Auch im Netz gibt es schon wieder einen Medienwandel
Trotzdem: Auch wenn man vordergründig auf dieses konservative Verhalten verweisen könnte, tatsächlich hat der Medienwandel in den vergangenen Jahren schon wieder erheblich an Fahrt aufgenommen. Weil sich mittlerweile die Statik des Netzes schon wieder verändert. Statt des gezielten Ansteuerns von Homepages, lassen sich die Nutzer, insbesondere die jüngeren, immer mehr durch soziale Netzwerke informieren. Dass dies zu Lasten der Zeitungen geht, lässt sich an den Zahlen ganz gut ablesen. Die Gewinne der sozialen Netzwerke entsprechen fast exakt den Verlusten, während TV und Web nahezu stabil sind.
Dabei handelt es sich dabei um weitaus mehr als nur ein paar prozentuale Verschiebungen. Tatsächlich nämlich verändert sich gerade die Grundeinstellung zum Nachrichten-Konsum massiv. Die wichtigsten Veränderungen:
- User verlassen sich zunehmend darauf, zuverlässig zu jeder Zeit mit allem versorgt zu sein, was wichtig sein könnte. Wer im Hinterkopf hat, dass es ja einen nie versiegenden Newsstream rund um die Uhr gibt, verspürt keinen echten Druck zu einer bestimmten Zeit den Fernseher einschalten zu müssen oder morgens zum Briefkasten zu gehen, um eine Zeitung herauszuholen.
- Die Marke wird möglicherweise zunehmend unwichtiger: Wer sich seine Nachrichten bei Facebook oder Twitter besorgt, macht das vermutlich eher, weil er eine Geschichte und ein Thema spannend findet – und nicht, weil die Geschichte von einer Redaktion kommt. Damit geht mittelfristig auch die Markenbindung verloren.
- Wenn Redaktionen zunehmend mehr zu Zulieferern von sozialen Netzwerken werden, wird auch ihre Abhängigkeit größer. Wie Facebook gerade seinen Algorithmus einstellt, kann plötzlich zu einer existenziellen Frage werden.
Umgekehrt ist aber auch klar: Man muss diese Entwicklung aus Sicht von Journalisten nicht uneingeschränkt gutheißen – aber sie wird sich nicht verhindern lassen. Dazu sind Plattformen wie Facebook, Twitter, Instagram und neuerdings auch wohl Snapchat zu groß geworden. Vor allem für jüngere Nutzer sind sie so fester Bestandteil des täglichen Lebens, dass es naiv wäre zu glauben, man könne sie wieder auf die eigenen Kanäle zurückholen.
Sehr geehrte Damen und Herren, in Ihren Text hat sich ein Tippfehler eingeschlichen: „Damit geht mittelfristig auch die Magenbindung verloren.“ Sie meinen die Markenbindung, oder?