Webvideos 9. November 2015

Webvideos: quadratisch, praktisch, kurz

by Christian Jakubetz

Das Thema „Webvideo“ geht gerade in die nächste Entwicklungsstufe. Statt Beiträge auf „YouTube“ zu posten, stehen Journalisten inzwischen ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung. Vor allem in sozialen Netzwerken spielen Videos eine enorm große Rolle. Was muss man wissen, wenn man dort mit Bewegtbild Erfolg haben will? Eine Übersicht über die wichtigsten Faktoren.

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Viraler Hit der „Welt“ bei „Facebook“: eine Wutrede eines syrischen Flüchtlings. Wenn man genau hinschaut, stellt man fest, dass sie nahezu alle Kriterien für ein erfolgreiches Social-Media-Video erfüllt.

Soziale Netzwerke sind inzwischen ja so Art Riesenmaschine des multimedialen Journalismus. Das gilt auch beim Thema Webvideos. Noch vor ein paar Jahren galt ja eher die Faustformel „Webvideo = YouTube“. Inzwischen gibt es kaum eine Seite mehr, bei der Videos nicht eine elementare Rolle spielen würden.

Und: Wenn man als Journalist über das Thema nachdenkt, dann ist Facebook inzwischen vermutlich genauso wichtig wie YouTube. Weil – wenig überraschend – ein gutes Video den Erfolg eines Beitrags ganz erheblich anschieben kann. Allerdings, man ahnt es, ist Video eben nicht gleich Video. Soll heißen: Ein Beitrag, der möglicherweise bei YouTube gut funktioniert, muss in einem Netzwerk wie Facebook noch lange nicht gut laufen.

Wie immer im digitalen Journalismus gilt: Das Thema ist vergleichsweise neu und entwickelt sich ständig weiter. Trotzdem gibt es mittlerweile ein paar Erkenntnisse, die man in der täglichen Arbeit ganz gut umsetzen kann:

1. Die Länge: Das Unternehmen „Newswhip“ aus Großbritannien hat sich insbesondere mit der Länge von Redaktions-Videos bei Facebook befasst. Das Ergebnis ist nicht sonderlich überraschend, trotzdem sollte man sich die Zahlen vor Augen führen, wenn man das nächste Mal ein Video für Facebook produziert: Länger als 90 Sekunden ist vermutlich verschwendete Zeit. Für die Mini-Studie wurden einen Monat lang die Videos von BuzzFeed, NowThis, AJ+, BBC News ,Daily Mail und Guardian unter die Lupe genommen. Die der „Daily Mail“ waren die längsten – trotzdem dauerten sie im Schnitt nicht länger als die bereits erwähnten 90 Sekunden. Am Ende der Skala stehen die BBC mit 36 Sekunden und BuzzFeed mit gerade mal 24 Sekunden. Man sollte zwar mit solchen Pauschalverkürzungen vorsichtig sein, trotzdem gilt: Auf die Kürze kommt es an!

2. Das Format: Es ist noch nicht so lange her, da zeigten Dozenten in ihren Seminaren gerne ein Video, das erklärte, warum Videos im Hochformat Unsinn seien. Das „Vertical Video Syndrom“ wurde zum geflügelten Spott-Wort, wer hochgradig filmte, outete sich schnell als ahnungsloser Laie.

Die Zeiten haben sich geändert. Nicht nur, dass die wichtigsten Livestreaming-Apps wie „Periscope“ das gerade eben noch so verpönte Hochformat alternativlos machten. Auch in sozialen Netzwerken wie Instagram hat das Querformat keine Chance, dort ist das Leben in Bildern eher quadratisch. Ein Trend, der inzwischen unübersehbar ist: Laut „Newship“-Zahlen waren 90 Prozent quadratisch, praktisch, gut. Eine Beobachtung, die sich auch mit von Buzzfeed vorgelegten Zahlen deckt. Dort hatte man unlängst herausgefunden, dass 75 Prozent der bei ihnen meistgeteilten Videos im Quadrat- bzw. Hochformat gedreht waren. Die Gründe dafür leuchten ein. Videos in sozialen Netzwerken werden zu einem beträchtlichen Teil mobil genutzt. Und wer sein Smartphone gerade in der Hand hat, mag es möglicherweise nicht drehen, nur um ein Video anzusehen. Schönes Beispiel aus der „Welt“: hier.

3. Action statt „Talking Heads“:  Hauptsache, es passiert was – wer sich Videos bei Facebook anschaut, der tut das nicht, um sich von „Talking Heads“ den Lauf der Welt erklären zu lassen. Sprich: Irgendwie muss es im wahrsten Sinne des Wortes „sehenswert“ sein, was in einem Video passiert. Im Zweifelsfall, auch das lässt sich in letzter Zeit immer öfter beobachten, kommt es nicht mal auf Ton an.

4. Tonlos: Videos ohne Ton funktionieren erstaunlich gut, gemessen daran, dass man bis vor einem Jahr die Idee eines Videos ohne Ton vermutlich noch als ziemlich absonderlich abgetan hätte. Text-Inserts erfüllen diesen Zweck inzwischen allerdings mindestens genauso gut. Wichtig ist also, dass man ein Video in der Timeline sehen und verstehen kann, ohne extra nochmal einen weiteren Klick machen zu müssen.

5. Call to action: Schön dumm, wer seine Zuschauer schon mal an der Angel hat – und sie dann einfach wieder gehen lässt. Eine inzwischen gängige Faustregel der sozialen Netzwerke gilt deshalb inzwischen auch beim Thema Videos: den „call to action“ nicht vergessen. Soll heißen: dem User weitere Inhalte anbieten. Oder Interaktion. Kommunikation. Möglichkeiten gibt es viele, welche gerade die angemessene ist, muss man von Fall zu Fall selbst entscheiden.  Alles ist allerdings besser, als gar nichts zu tun.

 

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