Eigentlich gilt das ja im Zeitalter des digitalen Journalismus als eine Art common sense: Ohne Präsenz in den sozialen Netzwerken geht nichts mehr. Und auch, wenn die Tendenz eindeutig zu Facebook und Co geht: Der Social-Media-Trendmonitor 2014 zeigt, dass es neben erstaunlich unterschiedlichen Bewertungen auch noch eine beträchtliche Zahl gibt, deren Erfahrungen nicht rundum positiv sind…

Erstmal die positive Nachricht: Die Zeiten, in denen Journalisten sozialen Netzwerken ablehnend oder zumindest skeptisch gegenüber stehen, sind vorbei. Zumindest statistisch. 56 Prozent der Befragten bejahen die Frage, ob ihre Arbeit durch soziale Netzwerke erfolgreicher geworden ist. Lediglich 20 Prozent sagen „nein“, weitere 9 Prozent sind sich unschlüssig. Und: Gerade mal nur 16 Prozent sagen von sich, im Job auf social media komplett zu verzichten.
Dabei fällt auf, wie unterschiedlich die Beurteilung ausfällt, wenn man sie nach den Mediengattungen aufsplittet. So sagen beispielsweise 53 Prozent der Journalisten an Tageszeitungen von sich, ihre Arbeit sei durch den Einsatz von Social Media erfolgreicher geworden. Bei Journalisten von Zeitschriften hingegen sind nur gerade mal 30 Prozent dieser Meinung. Auch in Pressebüros profitiert man nicht sonderlich von sozialen Medien – zumindest nach eigener Einschätzung. Dort ist mit 38 Prozent ebenfalls eine Minderheit der Auffassung, dass ihre Arbeit dadurch erfolgreicher geworden sei. Am zufriedensten sind, wenig erstaunlich, Journalisten aus Onlineredaktionen. Dort glauben 77 Prozent an die positiven Auswirkungen. Ebenfalls ein überdurchschnittlich hoher Wert: 70 Prozent der Befragten aus der Kategorie Rundfunk geben eine positive Einschätzung ab.
Trotzdem: Auch wenn inzwischen eine Mehrheit der befragten Journalisten ihre Arbeit mit sozialen Netzwerken positiv bewertet, sind die Erwartungen offensichtlich nur teilweise erfüllt worden. Für diese Annahme spricht, dass die Frage nach den erfüllten Erwartungen nur von gerade mal 12 Prozent uneingeschränkt mit ja beantwortet wird. Knapp zwei Drittel beantworten diese Frage mit einem salomonischen „teilweise“. Was natürlich auch die Frage aufwirft, ob bei enttäuschten Erwartungen vielleicht nicht auch einfach die Erwartungen zu hoch waren…
Davon abgesehen: Eine echte Enttäuschung ist der Einsatz von sozialen Medien für Journalisten dann auch eher selten. Von „kaum erfüllten Erwartungen“ sprechen 16 Prozent, nur 3 Prozent sagen, ihre Erwartungen seien „gar nicht“ erfüllt worden.
Viel Aufwand, wenig Ertrag
Ziemlich eindeutig sind hingegen die Gründe, die für eine etwaige Enttäuschung genannt werden. Der wichtigste lautet: viel Aufwand für vergleichsweise wenig Ertrag. Dies wird von 51 Prozent der befragten Journalisten als Grund genannt. Noch ein kleines bisschen höher ist der Anteil derer, die „zu wenig Interaktion“ als Grund angeben: 52 Prozent sagen das von ihren Social-Media-Aktivitäten. Wobei die Effekte „wenig Ertrag“ und „wenig Interaktion“ vermutlich sehr eng zusammenhängen. Und man sich die Frage nach Ursache und Wirkung vermutlich auch stellen darf. Aber ohne über solche Ursachen spekulieren zu wollen: Dass es offenbar einem beträchtlichen Teil von Journalisten und Redaktionen nicht gelingt, ihre Nutzer zu hinreichend viel Interaktion zu bewegen, ist zumindest – verblüffend…
Und speziell in mehrköpfigen Redaktionen hat sich zudem der Gedanke noch nicht durchgesetzt, dass die Betreuung sozialer Netzwerke nicht unbedingt etwas ist, was man einem einzigen Kollegen alleine aufdrücken sollte. Immerhin sagt fast jeder Zweite, ihm fehle es an interner Unterstützung. Das Klischee, dass einer, der auch privat bei Facebook und Twitter unterwegs ist, das dann auch für seine Redaktion miterlebt und die anderen sich nicht groß dafür interessieren – offenbar ist es leider gar nicht mal so falsch…
Weitere Gründe, die genannt werden: keine finanziellen Gewinne (38 Prozent), zu wenig Freunde und Follower (37 Prozent). Da fallen die Gründe „kaum Imagegewinn“ und „keine Markenstärkung“ fast nicht mehr ins Gewicht.
Zusammengefasst könnte man es auch so formulieren: Unter Deutschlands Journalisten wächst gerade die Erkenntnis, dass man Erfolg in den sozialen Netzwerken nicht dafür bekommt, dass man ein paar Links postet. Oder einen Kollegen mal eben zum „Social-Media-Beauftragten“ macht. Und vor allem: dass Social Media kein Selbstläufer ist.
Was fehlt: eine Strategie
Allerdings befinden sich – zumindest nach diesen Zahlen – der Journalismus in Deutschland in einer etwas paradoxen Situation. Zwar beklagen sich Journalisten und Redaktionen über den mangelnden Ertrag und die fehlende Interaktion, über eine Strategie verfügt trotzdem nur eine Minderheit. Lediglich ein gutes Drittel sagt von sich, dass es eine solche Strategie gibt. Der Rest verweist darauf, dass eine in Vorbereitung sei. Oder aber: schlichtweg nicht existiere. Zusammengefasst bedeutet das: Zwar streitet eine klare Mehrheit der Journalisten die Bedeutung von Social Media nicht ab, gleichzeitig aber kritisieren sie den fehlenden Ertrag – und das bei einem Agieren ohne erkennbare Strategie. Dazu passt auch, dass beinahe drei Viertel der befragten Journalisten angibt, dass es in ihrem Haus so etwas wie einen „Social-Media-Manager“ nicht gibt.
Am ehesten findet man einen solchen Social-Media-Manager noch (ebenfalls wenig überraschend) in Onlineredaktionen. Doch selbst da sagen nur 36 Prozent, dass es so etwas bei ihnen gibt. Bei Tageszeitungen hingegen ist die Position des eigenen Social-Media-Beauftragten fast schon exotisch (14 Prozent). Erstaunlich dabei: Wirklichkeit und Anspruch stehen hier in einem krassen Gegensatz zueinander. Nur 18 Prozent glauben, dass man eigene Zuständigkeiten für Social Media nicht benötigt. Der Rest spricht sich wahlweise für einen eigenen Social-Media-Manager oder sogar für ein eigenes Team aus.
Der Social-Media-Trendmonitor wurde von der dpa-Tochter „news aktuell“ zusammengestellt.
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